Unterer Jura

Die Vorgeschichte des Arminisaurus schuberti SACHS & KEAR 2017

Einleitung
Anfang der 1980er-Jahre entdeckte der Fossiliensammler Lothar Schulz in einer Unterjura-Tongrube in Bielefeld-Jöllenbeck ein Saurier-Teilskelett, das seit der Entdeckung eine wechselvolle Geschichte hinter sich hat, die hier erzählt werden soll. Ohne Lothar Schulz, der zur rechten Zeit am rechten Ort war, den Fund vor der vollständigen Zerstörung durch den Bagger rettete und ohne seinen großzügigen Umgang mit dem Fossil, hätte es nie die Geschichte des Arminisaurus schuberti Sachs & Kear 2017 gegeben. Lothar Schulz wusste ganz genau, dass sein Fund etwas Besonderes war, trotzdem überließ er ihn dem Verfasser im Tausch für die weitere Veranlassung, was ihm hoch angerechnet werden muss. Er hat der Wissenschaft damit einen guten Dienst erwiesen, denn als es dem Verfasser nun nach Jahrzehnten gelang, einen wissenschaftliche Bearbeiter zu finden, erwies sich der Saurier sogar als Erstnachweis einer neuen Gattung.

 

Geologische Schichten am Fundort in Bielefeld-Jöllenbeck
Der Raum Bielefeld war von alters her schon immer ein beliebter Ort für das Anlegen von Tongruben zum Abbau des dortigen Tonsteines für das Brennen von Ziegeln oder Dachpfannen. Anfang der 1980er-Jahre waren in Bielefeld-Jöllenbeck immer noch mehrere Tongruben in Betrieb. Die Verwendung von Tonsteinen war zu dieser Zeit schon im Niedergang begriffen und in einer Tongrube nach der anderen wurde der Abbau eingestellt. Bis etwa 1994 waren alle bis auf eine Tongrube geschlossen. Diese wird heute noch betrieben, wobei der Abbau sporadisch und sehr oberflächennah erfolgt. Während im eigentlichen Stadtgebiet die geologischen Schichten des Hettangium, Sinemurium und des Unter-Pliensbachium überwiegen, stehen im Außenbezirk Jöllenbeck oft jüngere Unterjura-Schichten an.

In Bielefeld-Jöllenbeck sind Tonsteine aus dem Ober-Pliensbachium voherrschend, einem Zeitabschnitt des mittleren Lias im unteren Jura, dessen Ablagerungen ein Alter von rund 190 Millionen Jahren haben. Wissenschaftler bezeichnen diesen Zeitabschnitt als Amaltheenton-Formation, die Fossiliensammler nennen sie „Amaltheenschichten“. Gefunden werden verschiedene Reste von Meeresgetier, wie Ammoniten, Belemniten, Brachiopoden, Muscheln, Schnecken und weitere Invertebraten, deren Nachkommen teilweise auch heute noch die Meere bevölkern. Meist sind die heute ausgestorbenen Ammoniten die von den Sammlern gesuchtesten Fossilien; doch auch einzelne Knochen von Meeresreptilien, die ab und zu gefunden werden können, sind sehr begehrt. Seit Beginn der 80er-Jahre nahm der Verfasser bei allen sich bietenden Gelegenheiten im Raum Bielefeld die anstehenden Schichten akribisch auf, notierte die Mächtigkeiten und die darin zu findenden Fossilien. Die genaue Einstufung des Saurierfundes durch Schubert (2007) ergab eine Zuordnung zur mittleren subnodosus-Subzone.

Unter den Fossiliensammlern war die dunkle, fast schwarze Erhaltung des Kalzits, der dort vorkommenden Fossilien sehr gefragt, sodass sie zu den besten Zeiten der Gruben teilweise aus sehr weiter Entfernung anreisten. Am Wochenende einen niederländischen, französischen oder englischen Sammler dort zu treffen, damit war zu rechnen. Auch Sammler aus Hannover weilten öfter an den Wochenenden in den Jöllenbecker Tongruben. An den Arbeitstagen wurde von den Betreibern in den Tongruben fast immer abgebaut oder verladen, sodass ein Begehen zu diesen Zeiten wegen der Unfallgefahr unterbleiben musste. Das Suchen von Fossilien an den Wochenenden wurde von den Betreibern überwiegend geduldet oder war sogar ausdrücklich erlaubt, da sie Sammlern gegenüber wohlgesonnen waren und Verständnis für das Hobby hatten.

 

Geschichte des Fundes

 

Entdeckung
So ergab es sich Anfang der 1980er-Jahre, dass einige Hobby-Fossiliensammler aus Hannover an einem Wochenende im Winter trotz Frost, Sturm und Schneeregen dorthin fuhren, um zu sammeln. Zielstrebig ging einer der Sammler, Lothar Schulz, auf die Stelle zu, an der noch tags zuvor abgebaut worden war, um den frischen Aushub zu durchsuchen, während sein Sammlerfreund sich der Abraumhalde zuwendete. Dort konnte man am schnellsten zum Ziel kommen, wenn noch niemand zuvor den frischen Aushub abgesammelt hatte. Es dauerte nicht lange und Lothar Schulz fand seltsame helle Bruchstücke die sehr porös waren. Ihm war schnell klar, dass er Knochenreste vor sich hatte. Beim genaueren Betrachten der Fundstelle fand er noch einige Fragmente auf verschiedenen lose herumliegenden Tonsteinplatten. Auch im anstehenden Tonstein zeichneten sich einzelne Knochen durch ihre hellere Farbe vom Umgebungsgestein ab.

Es war später Nachmittag und nicht mehr sehr hell, dazu wurde es immer kälter, Schneetreiben setzte ein. Lothar Schulz begann damit, alles schnell einzusammeln und die sichtbaren Reste aus dem anstehenden Tonstein zu bergen. Leider hatte der Frost nachts zuvor schon auf viele Knochen eingewirkt und sie bröckelten. Rasch stellte sich zudem heraus, dass der größte Teil des Sauriers durch die Abbaugeräte bereits zerstört worden war. Lothar Schulz konnte erkennen, dass der gefundene Saurier, dessen Reste disartikuliert im Sediment vorlagen, vom Abbaugerät schräg durchschnitten worden war. Trotz der Nässe und der Kälte war es bis zum Einbruch der Dunkelheit gelungen, alle erkennbaren Knochen zu bergen. Die Knochen wurden in Zeitungspapier eingeschlagen, vorsichtig verstaut und zum Fahrzeug gebracht.

 

Erste Präparation
Nachdem Lothar Schulz zuhause in Hannover ankam, wurde alles vorsichtig ausgepackt, gereinigt und zum Trocknen ausgebreitet. Er begann das Saurier-Puzzle nach und nach in stundenlager Arbeit zusammenzulegen und zu kleben. Anhaftender Tonstein und kleinere Kalksteinreste wurden vorsichtig entfernt, alles Brüchige blieb erst einmal liegen. Nach stundenlangem Ordnen und Präparieren legte er die Knochen in Schubladen ab; dort lagen sie vorerst sicher. Als Dekoration in einer Vitrine waren sie zunächst noch nicht geeignet.

 

Bild2 Arminisaurus schuberti

Abb. 1: Lothar Schulz gelang es zahlreiche, recht gut erhaltene Knochen des Plesiosauriers zu bergen. Hierzu zählten auch zahlreiche Phalangen (Fingerknochen).

 

Wie der Saurier zurück nach Bielefeld kam
Nach einigen Monaten trafen sich Lothar Schulz und der Verfasser, der mit mehreren anderen Sammelfreunden unterwegs war, in einer der Tongruben, und alle luden sich gegenseitig zur Sammlungsbetrachtung ein. So traf man sich einige Zeit später bei Lothar Schulz in Hannover, besichtigte seine tolle, auch damals schon umfangreiche Sammlung und tauschte sich aus.

Bei der Besichtigung der Knochen konnte man bereits damals deutlich feststellen, dass sich an den mit Pyrit angereicherten Knochen erste Zerfallserscheinungen zeigten, die es aufzuhalten galt. Um einem etwaigen weiteren Zerfall entgegen zu wirken, müssten die Knochen unter regelmäßiger Beobachtung stehen. Der Verfasser, der schon längere Zeit im Unterjura von Jöllenbeck sammelte, hatte damals bereits damit begonnen ein Arbeitsprofil der dortigen Schichten anzufertigen. Eine umfangreiche Sammlung verschiedenartiger Fossilien, wie auch Einzelknochen, war auch schon vorhanden. Ein umfangreicher Saurierrest fehlte allerdings noch und wäre eine Bereicherung des Wissens über die Tierwelt des Ober-Pliensbachium der Bielefelder Region.

Einige Zeit nach dem Treffen wurde erneut Kontakt aufgenommen. Der Verfasser versuchte dem Finder zu erläutern, warum der Fund eigentlich wieder zurück nach Bielefeld gehörte und nicht in Hannover verbleiben sollte. Da der Verfasser eine recht umfangreiche Sammlung von Fossilien der Jöllenbecker Amaltheentone besitzt, wäre dieses besondere Stück dort mittelfristig gut aufgehoben. Es war vom Verfasser geplant, später einmal alle wichtigen Stücke dieser Schichten an ein heimatliches Museum, vorzugsweise an das Naturkunde-Museum Bielefeld, zu übergeben, um ein möglichst umfassendes Bild der damaligen Lebewelt zu erhalten. Der Finder zögerte begreiflicherweise zunächst – der Verfasser musste sich also etwas einfallen lassen. Deshalb bot er dem Finder seine Aufsammlungen aus dem Mitteljura von Sengenthal bei Neumarkt i. d. Opf. an, unter denen sich einige schöne und seltene Einzelstücke befanden. Lothar Schulz, der damals bevorzugt Fossilien von dieser Lokalität sammelte und bis heute seinen Fokus auf schalenerhaltene Ammoniten legt, erbat sich etwas Bedenkzeit.

Bei der kurz darauf folgenden Ausstellung „Laßt Steine sprechen“ im August 1984, die der Naturwissenschaftliche Verein von Bielefeld und Umgegend e. V. im Kulturhistorischen Museum am Waldhof in Bielefeld ausrichtete, wurde diese durch Funde aus unterschiedlichen Privatsammlungen ergänzt, um der Allgemeinheit auf diese Art und Weise ein umfassendes Bild der damaligen Lebewelt vermitteln zu können. Auch der Finder des Saurierrestes war auf Nachfrage so freundlich, seinen Fund für diese Ausstellung zur Verfügung zu stellen. Von der Lokalpresse wurde das Tier damals als Paddelechse bzw. Schlangenhalssaurier bezeichnet.

Es dauerte eine gewisse Zeit, dann meldete sich der Finder wieder beim Verfasser. Er hatte es sich tatsächlich überlegt, war bereit den Saurierrest im Tausch abzugeben, damit er wieder dorthin gelangte, wo er seine vermeintlich letzte Ruhe gefunden hatte, nach Bielefeld (damals wohnte der Verfasser noch in Bielefeld). Man einigte sich auf das Geschäft und tauschte die Fossilien aus. Der Finder erhielt Fossilien aus Sengenthal, darunter seltene Ammoniten, teilweise mit Mündungsapophysen und eine der gesuchten Pleurotomarien von nicht zu verachtender Größe und in schöner Schalenerhaltung. Natürlich schmerzte die Abgabe der Sengenthal-Sammlung den Verfasser ein wenig, doch dürfte es dem Finder mit der Abgabe des Sauriersteilskeletts kaum anders ergangen sein.

 

Bild5 Arminisaurus schuberti Knochen

Abb. 2: Wirbel von Arminisaurus.

 

Zuhause ordnete der Verfasser zunächst die Knochen nach Typen. Daraufhin wurden die Knochen an allen bröckelnden Stellen gefestigt und das Puzzle weiter zusammengefügt. So wurden aus vielen Bruchstücken noch einige Rippen (Abb. 3 und 4), auch an einige Wirbel konnten abgebrochene Teile angefügt werden. Es zeigte sich schnell, dass die meisten Knochen unterschiedlichste Beschädigungen durch Bruch und Pyritzerfall aufwiesen. Gegen den Zerfall mussten sie behandelt werden. Anschließend wurden einige aussagekräftige Knochen in eine Sammlungsvitrine einrangiert. Die restlichen Knochen wurden in einen Kunststoffbehälter mit Deckel gelegt und im Sammlungsraum trocken aufbewahrt. Von Zeit zu Zeit wurde versucht, die restlichen Knochenteile zusammenzufügen.

 

Bild6 Arminisaurus schuberti Rippenfragmente

Abb. 3: Aufsammlung von Knochensplittern der Rippen. Hieraus entstanden nach dem Sortieren noch einige Rippen oder jedenfalls etwas längere Rippenabschnitte.

 

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Abb. 4: Auswahl mühsam zusammen gepuzzelter Rippenfragmente.

 

Zwischenzeitlich fasste der Verfasser den Entschluss, einige Knochen des Sauriers abzugießen, damit, falls sie doch einmal zerfallen würden, wenigstens einzelne künstliche Knochen noch als Vergleich dienen könnten. Leider war das verwendete Material (Kautschuk) relativ teuer, wie auch das Gießharz und das Teflon-Spray, die ebenfalls dazu benötigt wurden. Außerdem konnten nur einige wenige Knochen dafür verwendet werden, da nicht alle Knochen so stabil waren, dass man davon manuell Abgüsse fertigen könnte. So wurden lediglich zwei stabile Knochen abgegossen und koloriert.

 

Die Suche nach einem wissenschaftlichen Bearbeiter
Gleichzeitig begann die Suche nach einer Person, die imstande wäre, diesen Fund einer genaueren Untersuchung und Bestimmung zu unterziehen. Dafür wurden die Knochen leihweise nach Münster zum LWL-Museum für Naturkunde gebracht. Dort sah man sich für einige Wochen diese Reste etwas genauer an. Leider arbeitete zu dieser Zeit kein Spezialist für mesozoische Wirbeltiere am Museum, der den Fund hätte bearbeiten können. Einige Zeit später wurden die Knochen nach Absprache leihweise dem Museum für Naturkunde Stuttgart übergeben, um sie dort tiefergehend zu untersuchen, vielleicht einer schon bestehenden Art zuzuordnen und wenn möglich einen entsprechenden Artikel zu verfassen. Aus verschiedenen Gründen konnte dies damals nicht umfassend umgesetzt werden, jedoch konnte nach einer genauen Untersuchung die Zugehörigkeit zur Familie der Pliosaurier festgestellt werden.

Als im Bielefelder Naturkundemuseum im Sommer 1994 (19.06.-31.07.1994) die Ausstellung „Aus Bielefelder Erde Schoß…“, in Kooperation mit dem Naturwissenschaftlichen Verein von Bielefeld und Umgegend e.V. stattfand, bei der die verschiedensten Fossilien aller in Bielefeld anstehenden erdgeschichtlichen Zeitstufen gezeigt wurden, waren abermals viele Fundbeiträge aus Privatsammlungen zu sehen. Es konnte so bestmöglich gezeigt werden, dass die Geologie im Raum Bielefeld sehr vielfältig ist, angefangen von Sedimenten und Fossilien der Trias bis hin zur Oberkreide. Neben einigen anderen Fossilien seiner Sammlung, stellte der Verfasser Teile des Saurierrestes zur Verfügung, der somit zum zweiten Mal der Öffentlichkeit präsentiert wurde.

Als dann 1995 MICHELIS et al. (1996) in Heft 44 der Serie „Geologie und Paläontologie in Westfalen“ Knochenfunde aus Wallücke im Wiehengebirge beschrieben, wurde wiederum auch auf den Saurierfund von Anfang der 80er-Jahre hingewiesen

Auch der Verfasser erwähnte in einer eigenen Veröffentlichung den Saurierrest (SCHUBERT 2007). Und zwar zunächst für die unmittelbar neben Beukenhorst-II gelegene Tongrube mit der Bezeichnung Beukenhorst-I, die als Deponie der Stadt Bielefeld verwendet wurde. Dies war ein Irrtum, der zustande kam, weil in der Tongrube Beukenhorst-II zwei Abbauwannen angelegt wurden und viele Sammler andere Bezeichnungen wählten als der Verfasser. Eine erste Mulde wurde direkt zu Anfang der Abbautätigkeit ausgehoben. Aus dieser stammt der beschriebene Saurierrest. Diese Abbauwanne existierte nur ein knappes Dreivierteljahr. Dann wurde sie schnell verfüllt und direkt daneben eine zweite Wanne ausgehoben, die viele Jahre lang Bestand hatte. Diese Aufschlüsse wurden von ortsunkundigen Sammlern zunächst als Grube 1 und Grube 2 bezeichnet. Die beiden großen Tongruben Beukenhorst-I und Beukenhorst-II lagen unmittelbar nebeneinander, nur getrennt durch ein Siek mit Bach und Wirtschaftswege, gehörten jedoch unterschiedlichen Betreibern. Daher die falsche Zuordnung in SCHUBERT (2007), Kapitel 5.2, S. 24. Der korrekte Fundort des Sauriers ist also Beukenhorst-II. Beide Örtlichkeiten liegen jedoch eng beieinander, dazu sind die Schichtungen im Tonstein identisch, sodass die Bezeichnung Beukenhorst genügen kann.

 

Bild1

Abb. 5: Beukenhorst II im Sommer 1986. Der Verfasser sucht in der Seeigellage, knapp oberhalb der Fundlage des Arminisaurus schuberti SACHS & KEAR.

 

Der Verfasser erwähnte den Saurierfund fortan in verschiedenen seiner Veröffentlichungen, um eventuell jemanden damit anzuregen genauer nachzufragen und damit eine Bearbeitung zu erwirken, was jedoch nicht zum Erfolg führte. Er hatte zwischenzeitlich sogar selbst versucht den Jöllenbecker Fund einer bestimmten Art zuzuordnen. Dabei stellte sich heraus, dass lediglich im unteren Lias, im oberen Lias, sowie im Dogger und Malm eine gewisse Anzahl Funde bearbeitet und beschrieben wurden, über den mittleren Lias war jedoch kaum etwas nachzulesen, wodurch ihm eine nähere Bestimmung unmöglich war.

Neuen Auftrieb erhielt der Verfasser als 2007 in Nieheim-Sommersell (Kreis Höxter) ein weiterer Schwimmsaurier gefunden wurde (zum Fundbericht). Dieses Skelett wurde bereits nach Durchführung eines großteils der Präparation untersucht und als bisher einzigartig erkannt. SCHWERMANN & SANDER 2011 stellten die neue Art Westphaliasaurus simonsensii auf. Es handelt sich bei dem Fossil um einen fast vollständigen Plesiosaurier.

Nun wurde an die Wissenschaftler in Münster noch einmal der Wunsch herangetragen eine Bearbeitung in die Wege zu leiten. Dort verwies man nach Bonn, wo dies möglicherweise geschehen könnte. So kamen die Knochenfunde für einige Zeit nach Bonn zur Begutachtung. Aber auch dort war auf kurze Sicht keine Bearbeitung möglich.

Als der Verfasser mit dem befreundeten Hobby-Paläontologen Dr. Rainer Ebel aus Bünde über die Schwierigkeiten sprach, einen Bearbeiter oder eine Bearbeiterin für das Reptil zu finden, konnte dieser ihm überraschend einen Spezialisten nennen. Am 11. April 2014 hatte Sven Sachs im Rahmen der Veranstaltungen des Paläontologischen Arbeitskreises Bünde und der VHS Herford einen Vortrag über „Schwimmsaurier in Deutschland“ am Dobergmuseum in Bünde gehalten. Zunächst noch skeptisch, wegen der bislang ergebnislos verlaufenen Suche nach einem spezialisierten Wissenschaftler, der diesen Fund wissenschaftlich bewerten könnte, rief der Verfasser bei Herrn Sachs an. Tatsächlich gelang es ihm, dessen Interesse zu wecken und es wurde ein baldiger Termin vereinbart. Die Abholung, der damals noch in Bonn befindlichen Knochen des Sauriers wurde abgesprochen und realisiert. Auf dem Rückweg ging die Fahrt dann ins Bergische Land, um Sven Sachs in Engelskirchen zu besuchen. Bei der Begutachtung des Materials stellte er fest, dass an vielen Knochen Merkmale sichtbar waren, die eine Bestimmung und Beschreibung ermöglichen würden. Sofort wurde per Skype eine Online-Konferenz mit anderen fachlich versierten Wissenschaftlern abgehalten und eine genaue Untersuchung erörtert.

 

Wissenschaftliche Bearbeitung durch Sven Sachs
Die nun folgenden Recherchen von Sven Sachs ergaben das Vorhandensein nur weniger Funde aus diesen speziellen Schichten. U. a. musste ein noch relativ neuer Fund aus England, der ebenfalls aus dem Pliensbachium stammt, jedoch deutlich weniger Knochen umfasst, Berücksichtigung finden. Bald stellte sich heraus, dass mit dem Jöllenbecker Exemplar ein einzigartiger Fund vorlag, der unbedingt wissenschaftlich beschrieben werden sollte. Im Anschluss daran wurde bereits nach kurzer Zeit durch SACHS et al. (2014) eine Vorankündigung dieses Fundes und seiner Bearbeitung in den Berichten des Naturwissenschaftlichen Vereins für Bielefeld und Umgegend veröffentlicht. Das Engagement von Sven Sachs sorgte jetzt für eine ungeahnte Beschleunigung der lange ersehnten Bearbeitung des Knochenfundes von Beukenhorst.

Um eine wissenschaftliche Bearbeitung mit gründlicher Erstbeschreibung vorzunehmen, musste der Fund jedoch zunächst an einem öffentlich zugänglichen Ort, wie einem Institut oder Museum hinterlegt werden. Ein Verzicht auf das Eigentum an dem Fundstück und die Übergabe waren hierzu nötig, denn ohne Überlassung auch keine Bearbeitung. Was lag da näher als den Fund an das Naturkunde-Museum Bielefeld zu übergeben, wie es vom Verfasser immer geplant gewesen war. Ein spezieller Übergabe- und Überlassungsvertrag wurde entworfen. Darin wurde eine geringe Aufwandsentschädigung vereinbart, um wenigstens den Verlust der damals zum Tausch gelangten Sammlung aus Sengenthal, auszugleichen. Danach folgte die formelle Übergabe des Jöllenbecker Saurierfundes an das Naturkunde-Museum Bielefeld zum endgültigen Verbleib und zur wissenschaftlichen Bearbeitung.

Schon nach etwa zwei Jahren erhielt der Verfasser dann die ersehnte Nachricht, dass das Manuskript zum Druck und eine Woche darauf zur Veröffentlichung bereit wäre und der Pressetermin in der kommenden Woche stattfinden solle. Ihm wurde erlaubt, den Finder vorab zu benachrichtigen, der jedoch leider auf einer Sammeltour im süddeutschen Raum unterwegs und daher zum Bedauern aller Beteiligten nicht erreichbar war.

Einen Tag vor der Bekanntgabe der Veröffentlichung der neuen Saurierspezies durch SACHS & KEAR (2017) mussten noch Termine mit den regionalen Fernseh- und Radiosendern absolviert werden. Dabei wurde der Locus typicus der neuen Art besucht, der heute völlig verfüllt und begrünt ist. Tags darauf, am 15.09.2017, fand dann eine Pressekonferenz statt, um den Saurier einem breiten Publikum bekanntzumachen. Um 13:45 Uhr wurde der Name Arminisaurus schuberti SACHS & KEAR 2017 erstmals im Internet vom Browser erkannt und die Öffentlichkeit konnte nun weltweit auf Informationen zu diesem neuen Schwimmsaurier zugreifen. Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung gab Arminisaurus schuberti in einem Artikel vom 16.09.2017 den Spitznamen „Nessie Junior“.

 

Siegfried Schubert

 

Diskussion zum Beitrag im Steinkern.de Forum:

https://forum.steinkern.de/viewtopic.php?f=3&p=236430

 

Weitere Informationen über Arminisaurus und Ammoniten aus dem Pliensbachium von Bielefeld:

 

Detaillierte Informationen über die wissenschaftliche Einordnung von Arminisaurus schuberti finden Sie im gleichzeitig mit diesem Artikel erschienen Steinkern-Heft Nr. 32:

 

arminisaurus schuberti in der steinkern

 

Über die Ammonitenfauna des Pliensbachiums von Bielefeld-Jöllenbeck berichtete der Verfasser vor einigen Jahren auf Steinkern.de in den Artikeln Amaltheen aus Bielefeld-Jöllenbeck und Begleitcephalopoden der Amaltheen in Jöllenbeck.

 

 

Literatur

 

MICHAELIS, I., SANDER, P. M., METZDROF, R. und BREITKREUTZ, H. (1996): Die Vertebratenfauna des Calloviums (Mittlerer Jura) aus dem Steinbruch Störmer (Wallücke, Wiehengebirge), in: Geol. Paläont. Westf., 44; 66 S., 20 Abb., 5 Tab., 6 Taf.; Münster Oktober 1996.

 

SACHS, S., SCHUBERT, S. & KEAR, P. (2014): Note on a new plesiosaur (Reptilia: Sauropterygia) skeleton from the upper Pliensbachian (Lower Jurassic) of Bielefeld, northwest Germany, in: Berichte Naturwissenschaftlicher Verein für Bielefeld und Umgegend, 52; S. 26-35, 4 Fig.; Bielefeld 2014.

 

SACHS, S. & KEAR, P. (2017): A rare new Pliensbachian plesiosaurian from the Amaltheenton Formation of Bielefeld in northwestern Germany, in: Alcheringia - An Australasian Journal of Palaeontology, 13 S., 8 Fig.

 

SACHS, S. & KEITER, M. (2018): Arminisaurus schuberti – ein neuer Plesiosaurier aus dem oberen Pliensbachium von Bielefeld und die Methoden seiner Konservierung, in: Der Steinkern, 32, S. 50-58.

 

SCHUBERT, S. (2007): Das Ober-Pliensbachium (Domerium) der Herforder Liasmulde. – Teil 1 – Die Aufschlüsse, in: Geologie und Paläontologie Westfalen, 68; 90 S., 8 Abb., 15 Tab., Münster Oktober 2007.

 

SCHWERMANN, L. & SANDER, M. (2011): Osterologie und Phylogenie von Westphaliasaurus simonsensii: Ein neuer Plesiosauride (Sauropterygia) aus dem Unteren Jura (Pliensbachium) von Sommersell (Kreis Höxter), Nordrhein-Westfalen, Deutschland, Geologie und Paläontologie Westfalen, 79; 56 S., 28 Abb., 2 Taf.