Unterer Jura

Ein Ichthyosaurierfund vom Rhein-Main-Donau Kanal - eine außergewöhnliche Fundgeschichte!

Es war einmal ... so fangen alle Märchen an.

Das was ich am 12. Juli 1986 erlebt war jedoch keines ... auch wenn
die Umstände vielleicht darauf schließen lassen.


Die Geschichte .... .

Just zu dieser Zeit zogen Woche für Woche die eingefleischten Sammler auf eine Großbaustelle, die – wie sich im nachhinein noch herausstellen sollte – eine Jahrhundertfundstelle werden sollte. Ich kann mich gar nicht mehr genau erinnern wie lange die Baustelle eigentlich „dauerte“. Aber sie ging lange ... kein Wunder angesichts der Erdmassen die bewegt werden mussten.

Die Arbeiten zum Rhein-Main-Donau Kanal erreichten bei Bachhausen- Kerkhofen-Sulzkirchen den Lias.

Dieser besteht dort vorallem aus den mächtigen Lias Delta Tonen (vorallem den Pleuroceraten-Schichten). Die anderen Schichten (Lias Alpha, Beta, Gamma u. Zeta)
dagegen waren nur geringmächtig bzw. rudimentär ausgebildet.
Jedoch muss in diesem Zusammenhang auch gleich erwähnen, dass innerhalb der Baustelle auf der genannten Entfernung die Schichtmächtigkeiten teilweise sehr stark schwankten. Aber dies ist ein anderes Thema weshalb ich nicht näher darauf eingehen will.


Insgesamt erstreckte sich der Bereich wo Lias herauskam auf sicherlich 2-3km (geschätzt).

Dass Lias Delta und Epsilon herauskommen würde ... das wußte man ... ohne jedoch viel darauf zu geben. Deswegen war zu Beginn der Erdarbeiten in diesem Kanalabschnitt auch nicht unbedingt die Hölle los ... was den Auflauf an Sammlern von Nah und Fern anging.

Auch ich im Schwäbischen hatte davon Wind bekommen – war ja auch kein Wunder da ich zu dieser Zeit häufiger in Altdorf und Umgebung unterwegs war.

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Blick nach Norden. Irgendwo im Hintergrund müßte Sulzkirchen sein.
In der Grubensohle steht Lias Gamma an. Darüber folgen mächtige
Lias Delta Tone die von den Großbaggern (um die zu erkennen muss man schon ganz nah ans Bild rangehen !) in einzelnen Abbaustufen abgetragen werden.
Bild vom 8. August 1987





Der Tag

Am besagten Juli Tag besuchte ich – zur Abwechslung mal nicht alleine – diese Großbaustelle. Mein Sammlerkollege und Freund Hans Miksche (von der Gmünder Sammlergruppe) war mitgekommen.
Somit war der Tag nicht ganz so langweilig und eintönig wie sonst ... zumal die Sonne erbarmungslos vom Himmel herunterschien und die Lias Epsilon Schiefer ziemlich aufheizte.

Es machte keinen besonderen Spass an diesem Tag zu sammeln ... es war einfach zu heiss.

Lias Epsilon ... das bedeutet im Fränkischen manchmal ... „Ammonitenknollen“.
Aber ... leider kamen an der Großbaustelle keine Ammoniten-Geoden raus, die mit denen aus Altdorf oder Neumarkt vergleichbar waren.

Geoden gab es schon – teilweise riesengroß – und darin sollte man später noch etlichen Saurier finden.
Stattdessen gab es eine sehr harte durchgehende Bank in der ab und zu ein Mini-Ammonit enthalten war. Aber die war im Anstehenden so hart ... dass man diese nur mit großem Werkzeug abheben und aufschlagen konnte. Und dafür hatten wir keine Lust ... obwohl wir doch hauptsächlich wegen den Ammoniten gekommen waren !


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Ich vor fast genau 20 Jahren ... etwas frustriert vom erfolglosen Zerklopfen
der Lias Epsilon Bank. Blick nach Süden.


Aber es gab viel Ölschiefer ... sehr viel sogar. Nur ... dafür ist die Gegend dort nicht besonders berühmt (gewesen)... weshalb viele Sammler diesen (zunächst) verschmähten.

Schon mehrfach hatte ich zuvor bei meinen Besuchen im dortigen Schiefer Knochenreste gefunden bzw. Abdrücke gesehen ... die darauf hindeuteten, dass der Schiefer nicht „ohne“ ist. Vielleicht nicht mit Holzmaden vergleichbar ... aber Holzmaden kann ja nicht überall sein ... dachte ich (dummerweise).

Kurzer Rede langer Sinn ... der Sammeltag verlief ziemlich erfolglos, die Funde waren bescheiden.

Deshalb zogen wir am späten Nachmittag von Bachhausen kommend zur Kanal-Brücke Richtung Sulzkirchen / Kerkhofen. Dort hatten wir im Schatten unser Auto stehen.

Mein Freund Hans hing ziemlich hinter mir her weil er den Tag noch nicht ganz abgeschrieben hatte. Immer wieder blieb er stehen und spaltete mal hier mal dort eine Schieferplatte. Jedoch ohne besonderen Erfolg.

Der Fund - Teil 1

Plötzlich ein Ruf von Hinten ! Ich soll mal geschwind kommen ... er hätte was gefunden ... und wisse nicht so recht was es sein solle.
 
Also ... mit schweren Füssen wieder zurück zu der Stelle, wo Hans mit dem Geohammer aus der Baustellen-Fahrbahn ein Stück Schieferplatte herausgerissen u. aufgestellt hatte. Darin waren einige kleine zusammenhängende Wirbelchen. Ein schöner Fund, sehr handlich ... gut zum Mitnehmen. Wir vermuteten dass es sich hierbei um den Schwanz eines kleinen Ichtyosauriers handelte.

Ich zog wieder zum Auto ... während Hans seine Platte einpacken wollte und in der Umgebund der Fundstelle noch etwas herumklopfte ohne zunächst jedoch weitere Knochenreste zu finden.

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Beim Freilegen der Platten in denen der Saurier liegen mußte !!
Sorry ... Hans links .. ich rechts.


Der Fund - Teil 2

Kurz darauf nochmals ein Schrei von hinten.

Ich soll nochmals kommen, jetzt hätte er nochmal was gefunden.
Also nichts wie hin !

Das erste was er mir sagte war in etwa  „jetzt hab ich den Kopf“.

Und tatsächlich ... ca. 1m von dem Fundort der Wirbelchen hatte er seinen Hammer – vielleicht aus Frust dass um die Wirbelchen herum nicht mehr rauskam - nochmal
angesetzt und in der Schieferplatte die er abhob ... sah man schemenhaft die Reste eines Ichtyosaurierkopfes der sich unter der Schieferoberfläche sehr gut abzeichneten.

Volltreffer ... so ein Zufall !

Spätestens jetzt war auch mir klar dass wir die Reste eine ganzen Ichtyosauriers gefunden hatten. Und dass der erste Fund mit dem zweiten zu tun haben mußte ... daran bestand kaum ein Zweifel. Und wo ein Schwanz und ein Kopf ist ... da liegt vielleicht noch mehr !?

Deshalb räumten wir als erstes die Schichtfläche frei, aus der die Funde stammten.


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Beim Aufdecken der Schieferplatten. Wir haben damit extra gewartet bis der Photograph bereit war. So was muss man ja für die "Nachwelt" festhalten ... wenn man schon mal einen Photo dabei hat.

Glücklicherweise war der Schiefer an dieser Stelle gut angewittert so dass man die umgebenen Schieferplatten leicht und plattig abspalten und beseitigen konnte.

Weil wir jedoch keine weiteren Knochenreste zwischen den beiden Erstfunden erkennen konnten, entschlossen wir uns alle Schieferplatten die zwischen Kopf und Schwanz lagen, auf Verdacht zu bergen. Bei nur ca. 1m Länge war dies relativ einfach und schnell getan.

Um die Platten später wieder im Verbund zusammensetzen zu können mußten die Platten vor der Bergung irgendwie markiert werden. Mit dem Edding-Stift schrieben wir auf jede Platte eine Nummer. An den Rändern der Platten vermerkten wir die Nummern der sich anschließenden Nachbar-Platten. Zuletzt machten wir ein Bild von der Fundsituation.
So sollte man später die Fundstituation leicht rekonstruieren können.

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Die Platten nach dem Bergen. Man sieht unsere Edding-Beschriftung die uns helfen sollte, die Platten später wieder zusammenzusetzen. In der rechten Platte "steckt" der Kopf. Die Schnauze zeigt nach oben. In den beiden linken, aufeinanderliegenden Platten liegt der Schwanz ... und evtl. mehr ... wie wir damals hofften.

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Die Schwanzwirbel nochmal in Nahaufnahme ... für alle, die diese
im vorangegangenen Bild nicht erkannt haben.

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Und auch nochmals eine Nahaufnahme vom Kopf ...
vielleicht erkennt man Ihn ja hier besser als im Orginal-Bild
weiter oben. Der Kopf geht von rechts unten nach
links oben ... wobei die Schnauze nach oben zeigt.


Parallel zum zukünftigen Kanal war ein landwirtschaftlicher Weg sodass wir mit dem Auto bis fast zur Fundstelle fahren konnten um die Platten einzuladen.

Glücklicherweise kam während unseren Grabungen ein fremder Sammler vorbei den wir baten, von uns und unserem Fund einige Bilder zu knipsen. Auf diese Weise entstanden die wenigen Bilder von der Grabungsaktion die mich und meinen Freund Hans zeigen.

Eine nette Erinnerung an einen Tag ... der durch etliche Zufälle gekennzeichnet ... einen wunderschönen Fund erbrachte wie man Ihn im Sammlerleben nicht allzuoft macht.

Bei der späteren Präparation stellte sich dann zwar heraus, dass zwischen dem Kopf und dem Schwanz "lediglich" noch 2 Paddel lagen. Aber mehr leider nicht !
Keine weiteren Körperreste, keine Rippen .. nichts.

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So sieht der fertige Fund aus der bei Hans Miksche in der Sammlung hängt.
Sorry für die schlechte Bildqualität.


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Der Kopf mit der Brustflosse ... etwas größer.
Ein wunderschön erhaltener Ichtyosaurier-Kopf.
Ein besseres Bild reiche ich baldmöglichst nach !!


Da der Schwanz und der Kopf im Orginalverbund lagen ist es mir bis heute schleierhaft was mit dem Mittelteil des Ichtyosauriers passiert ist. Wenn er verdriftet ist ... warum blieb dann der Schwanz an der orginal Position erhalten.
Wenn der Mittelteil herausgebissen wurde ... warum liegt dann ein Brust- bzw. Schwanzpaddel noch an der ursprünglichen Position ? Aber wie gesagt ... nur jeweils ein Paddel ! Das jeweilige Gegenstück fehlt wiederum.

Ob nun komplett oder nicht. Das was von dem Fischsaurier erhalten ist ... ist sehr gut erhalten und wurde von Hans Miksche perfekt herauspräpariert ... obwohl es sein erster Ichtyo war.
Klar das Tüpfelchen auf dem i wäre gewesen ... wenn auch der Fund weitestgehend komplett gewesen wäre.

Aber die Fundumstände und die Erhaltung machen den Fund trotzdem zu etwas Besonderem.

Im Zuge der weiteren Bauarbeiten kamen dann – vorallem nördlich der besagten Brücke – immer häufiger Meldungen von Fisch- u. Saurierfunden. Kurz hinter der Brücke wurde später sogar noch eine Schicht mit Schlangensternen entdeckt. Aber auch zahlreiche Insektenreste wurden in der besagten splitterharten Kalkbank gemacht.

Insbesondere auf diesen Lias-Epsilon-Funden beruht der Ruhm der sog. Kanalbaustelle bei Bachhausen / Sulzkirchen. Entstanden ist er - wie so oft - erst nachdem die Fundstelle / Baustelle vorüber war.

Leider wurde die Fundstelle von der Wissenschaft damals kaum beachtet sodass die meisten Funde in Privatsammlungen verschwunden sind und man kaum etwas öffentlich zu sehen bekommt.


Was lerne ich daraus ?

Man soll nie aufgeben ... auch nicht am Ende eines erfolglosen Tages.

Mancher Super-Fund fällt einem als Belohnung für die lange Ausdauer einfach dann zu, wenn man überhaupt nicht mehr damit rechnet.

- Thomas B. –

P.S.
Die schlechte Qualität der Bilder bitte ich zu entschuldigen.
Damals gab es noch keine Digi-Cams ... die Bilder enstanden durch Scannen der
alten – etwas vergilbten und gebleichten – 9x13 Aufnahmen.
Vom Fund jedoch kann ich bei nächster Gelegenheit aktuelle, bessere Aufnahmen nachreichen ... .

 

 

 


Bericht über den Lias Gamma u. Delta von Sulzkichen ... von Victor:
http://www.steinkern.de/fundorte/bayern/128-der-lias-gamma-und-delta-von-sulzkirchen.html

 


Eine Krebsschere von Sulzkirchen:
http://www.steinkern.de/forum/viewtopic.php?t=586

 

Unbestimmte Fossilien von Sulzkirchen:
http://www.steinkern.de/forum/viewtopic.php?t=578

 

Buch über Funde von Sulzkichen: SCHMIDT-KALER, SULZKIRCHEN UND SENGENTHAL
http://www.steinkern.de/forum/viewtopic.php?t=240

 

Steinkern Galerie über Sulzkirchen:
http://www.steinkern.de/steinkern-de-galerie/sulzkirchen.html