Baden-Württemberg

Die „Kronen“ des Dogger: Blagdenischichten des Ringsheimer Kahlenbergs

Die „Kronen“ des Dogger: Blagdenischichten des Ringsheimer Kahlenbergs

- Ein Bericht über Gliederung, Grabungen und einige Funde (2004-2007).


 
Ich möchte an dieser Stelle einen speziellen Bereich der Ringsheimer Fazies vorstellen. Klaus Bosch deckt mit seinem umfassenden und sehr gelungenen Bericht bereits den Hauptteil des Aufschlusses ab. Dennoch möchte ich ein wenig näher auf die hangenden Bereiche eingehen und versuche diese ebenfalls zu gliedern. Altes Fotomaterial steht mir leider nur bedingt zur Verfügung, ebenso der eigene Nachweis anhand von Fossilfunden. Einen ziemlich lückenlosen Bestand kann ich lediglich im Bereich der Blagdenischichten vorweisen, auch aus den Humphriesischichten und Teilen der Sauzeibereiche habe ich Material. Eine Emileia fehlt zwar, dafür besitze ich aber einen Otoites, wenn auch nicht in schönster Erhaltung.

 
Sauzeischichten, Humphriesioolith, Blagdenischichten

Mächtigkeit: ca. 20 m

Bis heute wird über die Stratigraphie dieser Schichten gestritten, da sie hier sehr ungleich liegen und die Fossilien oft ein einziges Durcheinander bilden. Das Zonenfossil Otoites sauzei liegt hier z.b. noch unterhalb der Rimsinger Tone und Stephanoceras humphriesianum wird noch in den Blagdeni-Schichten aufgefunden. Das Ganze is wirklich arg verwirrend.

 

An dieser Stelle möchte ich auf die Gliederung bei Palaeodiversity von VOLKER DIETZE, MICHAEL KUTZ, MATTHIAS FRANZ & KLAUS BOSCH verweisen. Einen besseren, auch dem aktuellen geologischen/paläontologischen Stand entsprechenden, stratigraphischen Bericht über Ringsheim, gibt es wohl nicht. Zwar fehlt hier ebenfalls die Gliederung ab den Humphriesischichten, jedoch gab es die größten Komplikationen immer in der Sauzei-Zone.

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---> Zu einer größeren Ansicht des Bildes.

Beschriftungen von links nach rechts, zuletzt die oben:

- Hügel mit Sauzei und Blaukalk Material. Hier wurden unter anderem Emileien und Otoites gefunden.

- Humphriesioolith (?) unklar weil hier die Rimsingertone nicht fest eingeordnet werden können, auf der liegenden Bank wurde erstmals das Zonenfossil Stephanoceras humphriesianum nachgewiesen.

- Dorsetenisa-Schichten über der Basis des Humphriesi Ooliths.


- Grenze von Humphriesi- und Blagdeni-Schichten.

- Normannitesbank (Grenze zwischen Humphriesi- und Blagdeni-Schichten. Hier ist sie aufgrund Störungen immer tiefer anzutreffen, die Linien zeigen in etwa an, wo.

- Obere Teloceraten Bänke.

 
Fakt ist, dass der Bereich zwischen den Rimsinger Tonen und den oberen Blagdeni-Schichten recht ähnlich in Beschaffenheit und Begleitfauna ist. Die Zonenammoniten selbst sind meist so selten dass die Gliederung auch dem erfahrenen Sammler ziemlich schwer fällt. Zwar besteht zwischen den Humphriesi-und den Blagdenischichten eine relativ gut erkennbare Grenze, aber wo eine zwischen den Humphriesi- und den Rimsinger Tonen ist, ist sogar den Geologen nicht ganz klar. Die Schichten über den vermutlichen Rimsinger Tonen bestehen aus eisenschüssigen Kalksandsteinbänken, die maximal 50 cm mächtig sind und von unterschiedlich mächtigen Tonmergel-Lagen getrennt werden. Dieser Bereich wimmelt nur so von verschiedenen Fossilien. Auch hier tauchen schon Stephanoceraten und Dorsetensien auf. Ich vermute, dass dies schon Humphriesischichten sind, welche eigentlich über den Demissus-Bänken stehen, aber die Muschel Entolium demissum ist schon in den Blaukalken ungewöhnlich häufig und Stephanoceras humphriesianum liegt das erste Mal in einer Bank auf den Blaukalken auf, was wiederum vermuten lässt, dass die Demissus-Bänke und Rimsinger Tone teilweise ganz fehlen. Auf dieser besagten Bank mit Stephanoceras stehen allerdings 1m Tonmergel an, welche von vielen für die Rimsinger Tone gehalten werden. In ihnen tauchen große Belemniten auf, welche ursprünglich bezeichnend für unseren Rimsinger Ton sind. Ammoniten fehlen in diesem Bereich hingegen fast völlig. Sie tauchen erst wieder in dem oben beschriebenen Bereich auf, meist Dorsetensien und nach oben hin zunehmend auch Stephanoceraten. Es wimmelt in dieser Zone von diversen Belemniten - vor allem Megateuthis tritt in sämtlichen Formen und Varianten auf.

Über dieser Zone wird es mancherorts erneut dunkel-blaugrau und nach 2 Bänkchen, die wesentlich rötlicher sind, als alle darunter liegenden, beginnen fast bankfreie, nun eigentlich überall dunkle Tonmergel, in denen auch erstmals Teloceraten auftauchen. Dieses sind dann die Blagdeni-Schichten. In den beiden Bänkchen, von denen die obere Bank höchstwarscheinlich die Untergrenze der Blagdenischichten ist, liegen "göttlich" erhaltene Gastropoden und Ammoniten, letztere vor allem in der oberen Bank. Es werden außerdem Isastreen, Montlivaltien und andere Korallen gefunden. Daneben taucht wieder Megateuthis in sämtlichen Formen auf. Dieser Horizont ist unter Sammlern heiß begehrt, genauso die darüber liegenden Tone. Der komplette Bereich wird unter Sammlern liebevoll "Trigonienton" genannt. Auch ist dies der Bereich welchem ich mich in Ringsheim hauptsächlich widme. Es tauchen zonenbedingt in gewissen Abständen Horizonte mit höherer Fossilführung auf. Es gibt Schichten, die knollig ausgeprägt sind und in Linsen eine herrausragende Fossilführung sowie Erhaltungsqualität aufweisen. Seltener liegen die Stücke im losen Ton, wobei gerade die Zweischaler und Gastropoden dann ganz besonders schön sind.


Darüber schalten sich dann zunehmend wieder erst mergelige und dann kalkigere Bänke ein, welche gegen Abschluss hin große Knollen mit Teloceraten führen.
Zum Abschluss werden die Bänke oolithisch und daraus geht dann der untere Hauptrogenstein hervor. Dieser Bereichn war nur sehr kurz aufgeschlossen, dennoch lassen sich ab und zu Knollen mit den genannten Teloceraten finden. Dies ist sozusagen die Zone der Ringsheimer „Kronen“.


Bilder und Fauna der unteren Blagdenischichten:

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Kurz vor Ende der letzten Abbauphase, Zeitpunkt der Aufnahme des Bildes: Frühjahr 2005.

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Frühjahr 2005 mitten in den Abbauarbeiten, es war "göttlich".
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Ein Blick über Dorsetensia-Schichten und die unteren Blagdenischichten. Im obersten Bereich wurden kurzzeitig die knolligen Bänke mit den Teloceraten angeschnitten.

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Blick über die Humphriesischichten.

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Blick von den mittleren Blagdenischichten über die Trigonientone, Humphriesischichten und der Hügel hinten im Bild bestehend aus Wedelsandsteinen, Sowerbyschichten, Blaukalken und Sauzeischichten.

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Sauzeichichten und links im Liegenden die Blaukalke. Die Bank welche rechts rausragt, ist warscheinlich der Humphriesioolith (bloß wo sind dann die Rimsinger Tone?!). Die Demissusbänke halte ich für den oberen Teil der Blaukalke.

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Dieses Bild zeigt einen kleinen Teilauschnitt im oberen Bereich des Bruchs.

Im Juni 2004 kam es zu großen Materialentnahmen im gesamten oberen Drittel des Ringsheimer-Schichtpakets. Auch die Blagdenischichten wurden hierbei ausgezeichnet aufgeschlossen. Die Bauarbeiten dauerten gut ein Jahr an und es ließ sich innerhalb einiger Wochen mit etwas Glück eine fast lückenlose Sammlung dieser Bereiche aufbauen. Traumhafte Linsen mit allem möglichen Getier bis hin zu den Teloceraten der höheren Bereiche konnten zeitweise praktisch aufgesammelt werden. Am Ende wurde das gesamte Profil schräg abgeschoben wie auf dem ersten Bild zu sehen ist. Der Fahrweg schneidet schräg durch die unteren Blagdenischichten und auch die Humphriesi- und Blagdenischichten waren in diesem Bereich erschlossen. Sammler gruben den Bereich nachher fast vollständig ab. Auf dem letzten Bild sieht man schön die tektonischen Störungen. Dies war die vorletzte Phase der Erdbewegungen - wie gerne würde ich an der Uhr drehen und zu diesem Zeitpunkt noch mal sammeln können! So ergiebig war es davor und danach nie...

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Auf diesem Bild sind die oben beschriebenen, unter uns Sammlern bekannten, Trigonien-Tone.

Die besonders ertragreichen Horizonte sind jeweils rund einen Meter voneinander getrennt und leicht erkennbar an zahlreichem Muschelschill sowie Linsen welche z.T regelrechte Raritätengräber darstellen. Es gibt 3 dieser Horizonte, der erste steht rund einen Meter über der gelben Normanniten Trennbank zwischen Humphriesi- und Blagdenischichten an. Auf dem Foto sieht man die unteren beiden Horizonte. Zeitweise pilgerten dutzende Sammler jedes Wochenende an den Berg um diese begehrten Schillinsen abzubauen! Ich fand in den Jahren wohl eine der größten bekannten Linsen Ringsheims, Sie war über 5 Meter lang. Mit 2 Sammlerfreunden baute ich das Paket komplett ab. In dem Bereich liegen schöne bis z.t. über 10 cm große gut erhaltene (Schalenerhaltung, manchmal in Lebensstellung stehende und somit unverdrückte) Trigonien der Gattungen Trigonia costata, T. triangularis, T. elongata, T. interlaevigata, T. rectangulare sowie Myophorella clavellata und Myophorella sp.


Desweiteren gibt es in diesen Schichten unzählige Muschelarten und mehrere Sorten Lopha sowie Ctenostreon in sämtlichen Formen, Teloceraten und Stephanoceraten, Normaniten und einige Exoten, bis über 50 cm große Belemniten (Megateuthis, Homaloteuthis und Eocylindroteuthis) sowie andere Arten. Ebenfalls sehr selten und begehrt sind die vielen Unterarten der Pleurotomaria, vor allem die Pyrgotrochen, Bathrotomarien und einige Obornella-Arten. Es fanden sich ebenfalls Reste von Krebsen und Seeigeln. Daneben tauchten sehr selten Nautioliden und häufiger Korallen auf. Meist waren diese vertreten durch die Formen Isastrea, Thamnasteria und Montlivaltia. Armfüßer en masse sowie Lissoceraten und Nautioliden kamen ebenfalls vor. Es wurden auch schon Reste von Fischsauriern gefunden.

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Der Teloceras stammt aus der Normannitenbank, ich kann ihn jedoch nicht genauer zuordnen - es könnte jedoch ein T. multinodum sein. Darunter einige Pyrgothrochus punctatus, Myophorella clavellata, sowie diverse Trigonien


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Die Grenze zwischen Humphriesi- und Blagdenischichten. Die schon oben erwähnte Normannitenbank. Fossilen gibt es hier in Hülle und Fülle. Auch die zonentypischen Ammoniten finden sich hier häufiger.


Kein Sammeln mehr möglich

Wenn ich hier jetzt reges Interesse geweckt habe, bitte ich um Vorsicht und keine scharenweise Rennerei zu dem Berg. Das Sammeln ist schon seit längerem komplett verboten worden, man bekommt wohl auch keine Genehmigungen mehr. Hinzu kommt die Tatsache, dass der Kahlenberg bis auf die Einlagerungsfläche ein Natur- und Landschaftsschutzgebiet ist, weshalb Wiesen und stark bewachsene Gebiete gemieden werden sollten.


Nun noch ein paar schöne Funde:

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Orbornella Doppelstufe, die beiden haben jeweils über 5cm Durchmesser.

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Nochmals ein Lot Schnecken und Trigonien aus meiner Sammlung.

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Diverse Exemplare von Megateuthis aus der Normanniten-Bank. Foto und Sammlung: David Ange.

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Stephanoceraten. Foto und Sammlung: David Ange.

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Stephanoceraten im Detail. Foto und Sammlung: David Ange.

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Normanniten. Foto und Sammlung: David Ange.

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Normanniten mit erhaltenen Mündungsapophysen. Foto und Sammlung: David Ange.

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Dorsetensien. Foto und Sammlung: David Ange.

Für das zur Verfügung stellen der letzten sechs Bilder danke ich meinem Freund und Sammlerkollegen David Ange aus Frankreich. Ich möchte an dieser Stelle auf seinen Blog mit einigen sehr schönen Sachen verweisen:

http://fossiles.over-blog.com/album-343403.html



Text, Bilder & Funde sowie Gliederung, soweit nicht anders angegeben, von Ari Grond.