Bayern

Der Lias Gamma und Delta von Sulzkirchen

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In den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts waren im Zuge der Arbeiten für den Donaukanal in der Nähe der Ortschaften Sulzkirchen und Bachhausen die Schichten des Lias Gamma bis Zeta hervorragend aufgeschlossen. Obwohl es die Fundstelle längst nicht mehr gibt, möchte ich sie vorstellen, da Versteinerungen von dort in vielen Sammlungen vertreten sind. Meine eigene Sammeltätigkeit hat sich auf den Lias Gamma und Delta beschränkt.Die hier gezeigten Stücke sind allesamt "Sahnehäubchen". Um sie zu finden waren rund 100 Begehungen in den Jahren 1987 und 1988 mit der ganzen Familie notwendig. Vor allem meine Mutter Franziska war unermüdlich im Einsatz und ist sogar unter der Woche von Friedberg nach Sulzkirchen gefahren, um nach Arbeitsschluss die Halden abzusammeln. Vielen Dank an meine Eltern, ohne die es meine Sulzkirchen-Sammlung in dieser Form nicht gäbe.

Das Profil in Sulzkirchen begann mit einer rund einen Meter mächtigen Kalksandsteinbank, die unmittelbar über den Sanden des Keupers (Trias) abgelagert worden ist.

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Während der unterste Teil mit reichlich Quarzkörnern und schlecht erhaltenen Muscheln wohl noch zum Lias Alpha und Beta gehörte, fanden sich im oberen Drittel bereits mit Gattungen wie Radstockiceras, Apoderoceras und Uptonia typische Ammoniten des Lias Gamma. Die Erhaltung der Steinkerne war jedoch meistens ausgesprochen lausig. Dafür konnten die Radstockiceraten vermutlich Durchmesser bis über einen Meter erreichen. Mit viel Glück gab es auch schöne Nautiliden und Schnecken - teilweise sogar in Schalenerhaltung.

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In er darüber folgenden Mergelbank dominierten die Muscheln. Vor allem Vertreter von Gryphaea cymbium konnten in großer Anzahl, beachtlicher Größe und herrlicher Schalenerhaltung geborgen werden. Die größte Muschel auf dieser Stufe ist immerhin rund 12 Zentimeter lang. Daneben gab es eine individuenreiche Fauna bestehend aus Belemniten, Schnecken, vielen verschiedenen Muschelformen und interessanten Brachiopoden.

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Die nächste Kalkbank war eher etwas für Spezialisten und Mineraliensammler. Die Ammoniten, vor allem Vertreter der Gattung Lytoceras, waren innen oftmals gänzlich mit Calzitkristallen und anderen Mineralien ausgefüllt. Die schönen Vertreter der Muschelgattung Plagiostoma - hier ein Exemplar mit einer Breite von rund 4,5 Zentimetern - steckten in dem sehr harten und schlecht trennenden Gestein und konnten nur mit viel Mühe herauspräpariert werden.

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Weiter ging es mit einer ockerfarbenen Kalkbank, die durch seltene, aber gut erhaltene Ammonitensteinkerne auffiel. Während man von Gattungen wie Prodactylioceras, Arieticeras, Fuciniceras, Amaltheus stokesi und Androgynoceras meist nur glaukonitfarbene Bruchstücke fand, gelangten bei den Liparoceraten auch richtige Prachtkerle in die Sammlungen. Das hier abgebildete Stück hat einen Durchmesser von 22 Zentimetern und ist von meinem Vater gefunden worden. Weitere Höhepunkte waren bis zu 40 Zentimeter große Lytoceraten sowie schöne - eigenartig flache - Nautiliden.

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Als Deckel trug diese Kalkbank eine rund fünf Zentimeter dicke Mergellage, mit massenhaft enthaltenen Belemniten. Das abgebildete Exemplar ist rund 12 Zentimeter lang. Es war wirklich nicht einfach, hier eine Auswahl zu treffen und leider unmöglich, alle mitzunehmen. Mit etwas Geduld konnte man Platten bergen, übersäht von Belemniten und Muscheln. Schnecken waren selten, die Ammoniten durchweg gedrückt und äußerst schlecht erhalten.

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Und dann wurde es richtig interessant: Die nächste Kalkbank mit schönen Muscheln und Schnecken zeigte an der Oberfläche eine starke Zerklüftung. Diese Taschen waren teilweise mit Mergeln - hier gab es massenhaft Stielglieder und wesentlich seltener auch komplette Kronen von Seelilien -oder auch mit "kuhfladenähnlichen" Konkretionen ausgefüllt. Wenn man diese Konkretionen aufschlug, zeigten sie Reste oder komplette Exemplare scheinbar vergammelter Riesen-Amaltheen. Das Foto zeigt einen rund 25 Zentimeter großen Amaltheus nach der Bergung (Tier rechts, Abdruck links im Bild). Doch nach erfolgter Präparation mit Druckluftstichel und KOH wurden daraus nicht selten wahre Museumsstücke.

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Die Amaltheen, hier ein rund 15 Zentimeter großer Amaltheus margaritatus aus dem Lias Delta 1, sind in eine pyritisierte Algen-Cyanobakterien-Matrix eingebettet. Um die meist calzitische erhaltenen Ammoniten freizubekommen, müssen bis zu einem Zentimeter Deckschichten aus pyritisiertem Kalkgestein abgetragen werden. Anschließend folgt noch eine mehrere Millimeter dicke Mergellage. Erst durch das Ätzen mit KOH ist es mir möglich gewesen festzustellen, wo das umgebende Sediment aufhört und die Ammonitenschale beginnt. Das Gestein ist äußerst hart und beim Präparieren stinkt es penetrant nach Schwefel.

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Erstaunlicher Weise ist bei keinem der von mir gefundenen Amaltheen die Wohnkammer erhalten. Komplette Stücke mussten wohl Durchmesser bis über einen halben Meter erreicht haben. Der hier abgebildete Amalteus gibbosus - wegen seiner bedornten Innenwindungen - ist immerhin rund 23 Zentimeter groß. Da es fließende Übergänge zu Amaltheus margaritatus gibt, ist die Berechtigung der Art gibbosus umstritten.

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Über den Schichten der Grenze Lias Gamma/Lias Delta 1  waren bei Sulzkirchen noch rund sechs Meter Tone und Tonmergel des Lias Delta 2 erschlossen. Im Gegensatz zu Unterstürmig oder Kalchreuth war die Fossilführung jedoch gering. Auf diesem Bild sucht meine Mutter zusammen mit Hans Glossner - einem vorbildlichen und engagierten Förderer junger Sammler, der leider inzwischen verstorben ist - gerade einen freigeschobenen Hang nach Pleuroceraten ab.

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Zu den seltensten Funden zählten Belemniten mit erhaltenem Phragmokon. Meine Mutter hatte Glück und konnte insgesamt vier bergen. Das abgebildete Exemplar ist rund 11 Zentimeter lang.


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Wenn man die richtige Schicht und ein gutes Auge - die Ammoniten lagen grau in grau im umgebenden Tonmergel - hatte, gab es auch die begehrten Pleuroceraten in brauner Schalenerhaltung Marke "Schokolade". Für die hier gezeigte Auswahl von sehr gut erhaltenen Exemplaren bis rund sechs Zentimeter Duchmesser waren viele Begehungen notwendig.

Fotos und Sammlung: Victor Schlampp; Copyright: Bilder und Text sind Eigentum von Victor Schlampp und damit urheberrechtlich geschützt. Dieser Artikel ist in dieser Form ausschließlich für steinkern.de bestimmt. Eine Weitergabe von Text und/oder Fotos an andere Medien oder Internetseiten ist ohne meine Genehmigung nicht gestattet.