Bayern

Fossilien sammeln in den Alpen – ein kleines Abenteuer

Alpenpanorama
Abb. 1: Alpenpanorama

Wer noch echte Abenteuer erleben will und gesundheitlich kann, sollte wie einst unsere Vorfahren eine Fossiliensammeltour in die Alpen unternehmen. Nicht wie z. T. heute üblich mit dem Auto vor oder sogar in die Grube, Kofferraum auf, Werkzeug raus, sammeln anschließend wieder alles verstauen und ab nach Hause. Dies soll keine Abwertung der Sammeltätigkeit anderer Sammler (einschließlich mir, da ich überwiegend in gut erschlossenen Aufschlüssen tätig bin) sein. Ich selbst weiß, dass oftmals sehr viel Schweiß mit dem Bergen der Fossilien verbunden ist. Doch wie mussten sich erst unsere Vorgänger gefühlt haben? Ohne Estwing, mit der Bahn bis ins Alpenvorland und von dort zu Fuß oder mit Hilfe von Lastentiere hinauf auf die Berge.

Voll gepackt mit tollen Sachen…
Abb. 2: Voll gepackt mit tollen Sachen...


Meine Sammeltätigkeit begann in dem hier vorgestellten Gebiet. Mit meinen Eltern verbrachte ich viel Zeit in den Bergen und langsam aber sicher entdeckte ich mein Interesse an Fossilen.
Von Inzell/Bayern kommend Richtung Schneitzlreuth und weiter nach Unken/Österreich ins Heutal. Einzelne gebührenpflichtige Parkplätze (2€/Tag) bieten sich als Ausgangspunkt an. Zwei Wanderwege führen zur Hochalm (Jausenstation). Für den Aufstieg ist etwa eine bis maximal zwei Stunden zu rechnen. Der Winterweg ist eine Forststraße die im Winter auch zum Rodeln genutzt wird. Hier ist keine besondere Trittsicherheit erforderlich. Der Sommerweg führt über schmale Trampelpfade durch Wälder an einem Bach entlang über Wiesen bis sich bei der Jausenstation beide Wege wieder treffen. Für Naturliebhaber ist dieser Weg empfehlenswert. Ein geringes Maß an Trittsicherheit ist hier jedoch schon erforderlich.
Die Speisen sind herzhaft und üppig, oftmals reichen sie für zwei Personen, außer man ist wie ich sehr verfressen :D. Die Preise sind mehr als human! Getränke sind das einzige was etwas teurer ist, aber wenn man bedenkt, dass der erschwerte Transport hinzu kommt rechtfertigt sich dieser. Die Wirtsleute sind sehr freundlich, man kann hier auch nach einem freundlichen Fragen seine mitgebrachten Speisen oder Getränke verzehren.
Die Gesteine der umgebenden Berge stammen alle aus der Trias. Plattenkalk, Mergel und andere Kalke stehen in den einzelnen Aufschlüssen an. Der Kühstein und das Peitingköpfl sind die Reste eines Korallenriffes. Besonders der Kühstein mit seinen zahlreichen Schluchten und seiner etwas schwierigen Begehung (Der Weg ist für Ortsfremde kaum zu finden. Viele haben in Mitten der Latschen aufgegeben) liefert zahlreiche Korallen unterschiedlichster Art.

Korallenstock
Abb. 3: Angewitterter Korallenblock.

Am Gipfel finden sich im Roten Kalk, der direkt den Korallenmassiv aufsitzt, zahlreiche lose gut frei gewitterte Seelilienstielglieder und vereinzelt auch Schnecken. Die losen Steine lassen sich ohne allzu großer Mühe aufsammeln und ggf. formatieren.

Seelilienstielglieder vom Kühsteingipfel
Abb. 4: Angewitterte Seelilienstielglieder am Kühsteingipfel.

„Der einsame Wandersmann“ am Kühstein mit hervorragender Aussicht
Abb. 5: "Der einsame Wanderer" am Kühstein mit grandioser Aussicht.

Ebenfalls in der Nähe befindet sich der höchste Chiemgauer Berg: Das Sonntagshorn. Mit seinen 1961 Metern hat man von hier aus einen grandiosen Blick auf den Chiemsee und bei idealer Sicht bis weit ins Alpenvorland. Das Gebiet rund um das Sonntagshorn ist ein Landschaftsschutzgebiet. Deshalb sollten keine größeren Sammeltätigkeiten unternommen werden. Bei gutem Wetter ist der Gipfel stark frequentiert. Sonntagsausflügler aus der Nähe nutzen den Berg gerne als Tagesausflugsziel. Gegen loses Aufsammeln von Steinen hat jedoch keiner etwas einzuwenden.

Alpenidylle mit dem Sonntagshorn im Hintergrund (Südliche Seite)
Abb. 6: Bergidylle.

Zwischen Sonntagshorn und Reifelberg befindet sich ein großes Schotterfeld, was jedoch fast fossilleer ist. Ausnahmen machen Algenmatten und die so genannte „Kuhtrittmuschel“.
Einen interessanten Fund konnte ich vor mehreren Jahren machen. Pflanzenreste aus der Trias in dieser Region sind äußerst selten. Ich fand die Überreste eines in Gagat überlieferten Astes, der eine Spannweite von über einem Meter aufwies. In Kenntnis der Seltenheit meldete ich diesen Fund dem nächsten Museum, worauf eine Begutachtung durch einen Geologen stattfand und dieser Proben für Untersuchungen nahm. Leider konnten keine verwertbaren Pflanzenstrukturen nachgewiesen werden - nichts, was eine Bestimmung zugelassen hätte.
An eine Bergung war auf Grund der Größe nicht zu denken. Die drei Felsblöcke (Positiv/Negativ zweimal gebrochen) hatten weit mehr als einen Kubikmeter. Das Zerkleinern wäre nur mit hohem technischem und finanziellem Aufwand möglich gewesen ohne dabei das Fossil zu beschädigen. Somit verweilt dieser Fund noch immer an Ort und Stelle.

Reifelberg mit dem Schotterfeld
Abb. 7: Reifelberg mit Geröllfeld.

Steine soweit das Auge reicht
Abb. 8: Steine wohin das Auge sieht...

gagatisierter Ast aus der Trias
Abb. 9: Gagatisierter Ast am Reifelberg.

Die zahlreichen Schluchten und Bäche sowie die Felsblöcke auf den Wiesen lassen immer wieder Funde zu. Ein Blick lohnt sich immer!

riesige Austernplatte auf der Wiese
Abb. 10: Große Austernplatte auf der Wiese.

Ammonit aus einem Bach
Abb. 11: Ammonitenabdruck.

Muschel Mytiloidae sp.
Abb. 12: Steinkerne z.T mit Schalenerhaltung (Mytilidae).

Brachiopoden Spiriferinidae sp.
Abb. 13: Brachiopoden (Spiriferinidae).

Bei all der Schönheit der Berge und dem Fossilienfieber darf eins nie aus dem Blick geraten, das Wetter! Innerhalb weniger Stunden/Minuten kann das Wetter umschlagen. Aufziehender Nebel kann die Orientierung erschweren oder sogar unmöglich machen. Gewitter und Regen fallen in den Bergen oft heftiger aus als im Tal. Die nächste Hütte kann weit weg liegen, Funklöcher erschweren den Notruf. Möglichst nie alleine unterwegs sein. Steinschlaggefahr niemals unterschätzen. Immer Bergschuhe tragen; keine Turnschuhe oder gar Stöckelschuhe (Hab ich alles schon erlebt!). Vor Kreuzottern und Kühen (in seltenen Fällen kann es sein, dass Kühe auf Wanderer losgehen) sollte man Abstand halten. Eins muss klar sein, die Sicherheit geht vor!

Aufziehender Nebel am Reifelberg
Abb. 14: Aufziehender Nebel.

Übernachten kann man ggf. auf einer der Alpenvereinshütten. Hier ist jedoch eine Voranmeldung nötig.
Auf dem Nachhauseweg empfehle ich noch zwei kleine Zwischenstopps. Zum einen die Weißbachfälle am Gletschergarten in Weißbach (direkt an der B305) und zum anderen das Naturkunde und Mammutmuseum in Siegsdorf. Beides ist beschildert.

Weißbachfälle
Abb. 15: Weißbachfälle an der B305

Somit wünsche ich allen gut Fund und ein Berg Heil!

PS.: Und lasst euch nicht von den Kühen ärgern. ;-)

geschmückte Kuh beim Almabtrieb
Geschmückte Kuh beim Almabtrieb.


Kilian Fleißner