Dänemark

Fossilien vom Limfjord / Teil 9: Fossiler Fischkot - ein Leckerbissen für die Palichnologen



Hallo Steinkerner,

wir begeben uns jetzt auf ein „anrüchiges“ Terrain:  Ausscheidungen von Tieren. Genauer gesagt geht es hier um fossile Exkremente von Fischen, die sich vor 55 Mio. Jahren massenhaft im Molermeer getummelt haben.

Anfang des 19. Jahrhunderts hat der berühmte britische Paläontologe  William Buckland den Begriff Koprolith (gr. kopros „Kot“, lithos „Stein“) erdacht, um so in der victorianischen Zeit diese Hinterlassenschaften gesellschaftsfähig zu machen.


Fischkoprolithen sind normalerweise nicht so häufig zu finden, weil diese Ausscheidungen meist flüssig sind und daher im Meerwasser verschwinden.
Ansonsten werden sie von Bakterien leicht und schnell zersetzt .

Anders war es im Molermeer, wo in den häufig vorkommenden Phasen von Sauerstoffarmut keine bzw. nur wenige Bodenbakterien ihr zerstörerisches Werk ausführen konnten.


Wir möchten Euch hier zwei Arten von Fischkoprolithen aus unserer Sammlung vorstellen.


Zunächst den „normalen“ Kotballen.
Er enthält Unmengen von Knochenresten und Wirbeln der damals dominierenden kleinen Goldlachse („Strömsild“).
Diese waren Algenfresser und sie wurden wiederum gern und oft von den nächsthöheren in der Nahrungskette, z.B. den Makrelen, gefressen.
Ausgeschieden wurden von ihnen rundliche Kotbällchen von 2-3 cm Größe. Diese wurden vom Sediment bedeckt und oft zusammen mit Kalk in den harten Zementstein eingebettet.
Wenn man diesen  aufschlägt, zeigt sich nicht selten ein kugelförmiger oder rund-länglicher Hohlraum, der ausschließlich mit Knochenresten und Wirbeln ausgefüllt ist. 

1312c_FURFOSSIL.jpg
Abb. 1: „Normaler“ Kotballen. Länge 3 cm;
CollNr. 1312; Fundort FUR; Fundjahr 2001


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Abb. 1a: In der Ausschnittvergrößerung sind deutlich die Fischwirbel zu erkennen. Bildausschnitt 0,5 cm


Unser nächster Fund ist eine Besonderheit.
Ein fast identischer Fund wird in einer besonderen Vitrine des Fur-Museums sehr ausführlich erläutert.

Aus diesen Erläuterungen und aus einem Gespräch mit Bo Schultz, dem Leiter des Museums, haben wir unsere These zur Entstehung des Koprolithen abgeleitet.

Der Text in der Vitrine spricht übrigens recht eindeutig, aber ebenso drastisch vom „panikskid“ (wörtlich übersetzt: Panikschiß).

2344 FURFOSSIL
Abb. 2:  Koprolith, Länge 9 cm;
CollNr. 2344; Fundort FUR; Fundjahr 2007
Links im Bild ist die Wanze zu erkennen.


Der langgezogene Koprolith könnte also folgenden Ursprung haben:
Ein Fisch schwamm friedlich im Molermeer herum, als wieder einmal der  Vulkan ausgebrochen war.
Er nahm hin und wieder einen Happen von den auf der Wasseroberfläche treibenden Insekten (vermutlich auch eine Stinkwanze ; vgl. unsere heutige Grüne Baumwanze).

Infolge des Vulkanausbruchs  regnete es Asche und Bimsstein vom Himmel.
Die Asche sank schnell zum Meeresboden hinab und verbrauchte dort ebenso schnell den vorhandenen Sauerstoff.
Der leichte Bimsstein dagegen trieb lange an der Oberfläche.

Unser Fisch nahm hin und wieder versehentlich einen Happen Bimsstein zu sich, im Glauben, es wäre ein kleines Insekt.

Dann wollte er hinunter zum Meeresgrund.
Dort erschrak er schrecklich, weil es dort – wo es vorher immer sauerstoffreich war- plötzlich und unerwartet giftig war.

Er  flüchtete panisch aus diesem giftigen Gefilde.

Es ist bekannt, dass Fische bei einer panischen Flucht oft schnell ihren Darm entleeren.
Sie lassen dann eine langgestreckte Spur hinter sich.
Diese organischen Hinterlassenschaften werden meist von Bakterien aufgezehrt.
Aber auf dem vergifteten Meeresgrund lebten - wie oben bereits erwähnt - keine Bakterien mehr, so dass es zur Fossilierung der Kotspur kam.

2344a_neu_FURFOSSIL.jpg

Abb. 2a: Bei dem halbverdauten, und daher nicht sehr gut erhaltenen Insekt handelt es sich nach Gestalt, Größe und auch Häufigkeit des Vorkommens vermutlich um eine  Stinkwanze (Pentatomidae). Unten der Körper, oben ein Teil des Kopfes.

Länge 1 cm; CollNr. 2344; Fundort FUR; Fundjahr 2007


Unser Fisch hat also auf diese Weise die Kotspur hinterlassen, in der sich neben dem unverdaulichen Bimsstein auch noch die halbverdaute Wanze befand.


Fazit: Auch früher wurde man nicht einmal beim Essen in Ruhe gelassen.


Mit den besten Sammlergrüßen

Karsten & Solveig Witteck