Frankreich

Normandie - Aufschlusssituation, Funde, Impressionen

Mitte bis Ende Juni weilten meine Frau und ich für 14 Tage Urlaub in der Normandie. Da wir in Dives-sur-Mer und damit ganz in der Nähe der klassischen Fundgebiete wohnten, war klar, dass wir diese Orte besuchen würden. Neben vielen Tagestouren unternahmen wir Exkursionen an die Falaises des Vaches Noires, zwischen Villers-sur-Mer und Houlgate, nach Lion-sur-Mer, Luc-sur-Mer und Ste-Honorine-des-Pertes. Eine "Info-Tour" führte uns auch an die Deponien von Hubert-Folie, die Eigenheimbaustelle von Fonteney-le-Marmion und den Steinbruch von Fresney-le-Puceux.

Ich gebe hier eine kurze Übersicht der derzeitigen Situation an den entsprechenden Fundstellen, wobei diese sich natürlich jederzeit ändern kann. Anschließend stelle ich Euch einige (noch unbearbeitete) Funde und Impressionen der Fundstellen und Landschaften vor.

Auch wenn wir kein Glück mit tollen Baustellen oder Deponien hatten, so muss man sagen, man findet immer etwas. Die Fossilien, die man in den Museen in Villers-sur-mer und Lion-sur-mer zu sehen bekommt, sind natürlich über viele Jahre zusammengetragen worden und man darf daher bei einem einzigen Besuch der Region nicht zu viel erwarten. Wir waren aber dennoch von allen Aspekten der Reise (außer teilweise dem Wetter) sehr begeistert und sicher wird es manchem anderen Besucher des Calvados gelingen eine tagesaktuelle Baustelle zu entdecken und damit noch bessere Fundmöglichkeiten vorzufinden.

 

Die Fundstellen:

 

Lion-sur-mer: Dank des wunderbaren Berichts von Liane im Forum (vielen Dank an dieser Stelle!), besuchten wir als erstes den Strand von Lion-sur-Mer. Es war bei Ebbe problemlos möglich, hunderte tolle Brachiopoden aufzusammeln. Dazu gesellte sich ein schon etwas abgearbeiteter cidarider Seeigel. Im Geröll-Sand-Gemisch konnte man völlig entspannt suchen. Insgesamt war schon wieder reichlich Sand da, so dass auch die römischen Wagenspuren am Hohlweg, die von Liane beschrieben wurden, bedeckt waren. Auch ein einheimischer Führer mit Schülern war zugegen, der uns nochmals auf die Gefahren an der Wand hinwies. Aber da suchten wir sowieso nicht.

Luc-sur-Mer: ähnliche Situation wie in Lion, bei Ebbe kann man viele Brachiopoden bergen.

Villers-sur-Mer / Vaches Noires: dieser (für uns Sammler) so traumhafte Strand ist leider nach wie vor zugesandet, so dass man ans Callovium nicht wirklich herankommt. Dennoch machte die Suche im Strandgeröll und im schwarzen Ton am Hangfuß riesigen Spaß.

Houlgate: nach den Strandblöcken (vorbei am Campingplatz), dürften bei Ebbe ebenfalls Fundchancen bestehen. Wir waren hier nur einmal kurz.

Ste-Honorine-des-Pertes: wenn man bei Ebbe gegen Abend an diesen malerischen Strand will, kann es sehr eng werden mit den Parkmöglichkeiten, denn die Einheimischen gehen dann zur Miesmuschelernte und es sind alle Parkmöglichkeiten erschöpft! So erging es uns und ich konnte nur mal schnell um die Ecke schauen. Da es sich um den Stratotypus des Bajociums handelt und zum Küstenschutz ist das Graben im Anstehenden dieser Lokalität ausdrücklich verboten. Nach dem Calvados-Bericht von Sönke Simonsen aus dem Jahr 2005 scheint gegen das Auflesen loser Fossilien aber wenig zu sprechen. Ob Hammereinsatz zum Aufklopfen von Gestein zulässig ist, kann ich nicht sagen. Fossilien können aber nach Auskunft befreundeter Sammler auch ohne Klopfen in oolithischen Geröllen gefunden werden, da der Oolith stellenweise sehr fossilreich ist.

Deponien bei Hubert-Folie: die mit dem Évrecy-Material war verschlossen, an den Seiten versperrt dichtestes, hohes Stachelgestrüpp den Weg, so dass kein reinkommen war. Über Herüberklettern wollten wir auch nicht, also lange Gesichter! Es schien uns frisches Material abgekippt worden zu sein, aber woher? Auf der gegenüber liegenden Seite der N 158 war überhaupt kein fossilführendes Gestein vorhanden, es sah da überhaupt recht wüst aus. Aber das kann sich jederzeit ändern.

Ehemalige Eigenheim-Baustelle bei Fonteney-le-Marmion: hier kamen wir zu spät, leider war kaum noch Aushub vorhanden und die Baumaßnahme weitestgehend fertiggestellt.

Steinbruch Fresney-le-Puceux: absolutes Betretungs-Verbot! Das Haupttor ist am WE sowieso verschlossen, das Tor am oberen Zufahrtsweg ebenfalls und es wird auf Schildern gewarnt!

Genehmigungen werden nicht erteilt, dennoch gibt es einen nicht abreißenden Fossilnachschub auf Messen zu beobachten. Es ranken sich die wildesten Gerüchte, um den Steinbruch, von problemlosem geduldetem Sammeln bis zum unangenehmen achtkantigen Rauswurf. Wir nahmen aufgrund der widrigen Umstände Abstand von einem Besuch. Wer sich den Steinbruch einmal ansehen möchte, kann das im Bericht von Sönke Simonsen aus dem Jahr 2009 tun, als die Lokalität im Rahmen eines "Tags des offenen Steinbruchs" ausnahmsweise - wenn auch zum Fossilien sammeln nur äußerst eingeschränkt - zugänglich war.

Einen Hinweis habe ich noch: Bei der Rückfahrt aus Richtung Bayeux in Richtung Caen auf der Schnellstraße N13 fiel uns noch eine große Baustelle auf, geschätzt 20-30 km vor Caen gelegen. Es müsste ungefähr bei der Ortschaft Ste-Croix-Grd-Tonne und Bretteville gewesen sein. Viel frisches Material, aber von weitem nicht zu sagen, was für welches. Ein Sammlerfreund berichtete im Forum, dass er die Stelle auch besucht habe, zum Besuchszeitpunkt aber leider nur weitgehend steriles Bathonium vorgefunden habe.

 

Abb. 1: Brachiopoden, unsortiert und unbestimmt. Links von Luc-sur-Mer, rechts von Lion-sur-Mer. Die Erhaltung ist toll, viel in Kalzit.

 

 

Abb. 2: Seeigel, Vaches Noires. Oben: Nucleolites scutatus, Oxford Moyen, Calcaire d'Auberville; unten rechts: wohl ein Tetragramma variolare aus dem Cenoman, über den ich mich besonders gefreut habe.

 

 

Abb. 3: Gastropoden, Vaches Noires. Das große Exemplar links ist wohl eine Bourguetia saemanni, Oxford Moyen, mittig auf Gestein kleine Cerithium-Arten und rechts wohl Oolithica sp., sowie unbestimmte Steinkerne.

 

 

Abb. 4: Muscheln, Vaches Noires. Pleuromya uniformis, Oxford Moyen, Oolithe Ferrugineuse de Villers.

 

 

Abb. 5: Muscheln, Vaches Noires. Links: Isognomon rectangularis, mittig pectinide Muscheln unbestimmt; rechts: zwei Miesmuscheln Modiolus bipartitus, Oxford Moyen, Oolithe Ferrugineuse.

 

 

Abb. 6: Austern, Vaches Noires. Natürlich in Massen herumliegend: Actinostreon gregareum, Oxford, Marnes á Lopha.

 

 

Abb. 7: Muscheln, Vaches Noires. Myophorella hudlestonia, Oxford Moyen, Calcaire d'Auberville.

 

 

Abb. 8: Muschel, Vaches Noires, ?Spondylus sp., muss für eine genauere Bestimmung noch präpariert werden.

 

 

Abb. 9: Korallen, Vaches Noires. Thecosmilia annularis, Calcaire de Trouville?, rechts unten unbestimmter Korallenblock.

 

 

Abb. 10: Schönes Naturpräparat einer Koralle, Vaches Noires. Thecosmilia annularis.

 

 

Abb. 11: Unbestimmte Ammoniten (u. a. Peltoceras) von den Vaches Noires und Houlgate. Leider waren dies die einzigen Bruchstücke, die wir fanden!

 

 

Abb. 12: Zum Schluß die für mich sehr attraktiven Seelilienstiel-Stücke, von uns aus dem schwarzen Ton (Marnes de Dives?) geklaubt: die beiden rechten: Millericrinus sp., die linken drei wohl ?Apiocrinus sp.

 

 

Abb. 13: Schöne Grüße von der Mittagspause in Lion-sur-Mer!

 

 

Abb. 14: Strand von Lion-sur-Mer in Richtung des Ortes, oberes Bathonium.

 

 

Abb. 15: Hier sieht man schön die Erosion an der Kliffkante, Vorsicht ist geboten! Lion-s.-M.

 

 

Abb. 16: Weitere Erosionsflächen in Lion-sur-Mer.

 

 

Abb. 17: Die Ober-Bathonium-Schichten am Kliff von Lion-sur-Mer.

 

 

Abb. 18: Das berühmte Maison du Fossile in Lion-sur-Mer, unbedingt besuchenswert!

 

 

Abb. 19: Es folgen einige Einblicke in das Maison du Fossile, die ich mit freundlicher Genehmigung der Dame an der Kasse hier abbilden darf. Die Dame sprach sehr gut englisch und war sehr hilfsbereit!

 

 

Abb. 20: Die Nautiliden-Vitrine.

 

 

Abb. 21: Gastropoden aus dem Bajocium.

 

 

Abb. 22: Ammoniten aus dem Bajocium.

 

 

Abb. 23: Durch die schöne Darstellung der regionalen Funde, kann man recht gut das eigene Material bestimmen, wenn man genügend Zeit dazu hat.

 

 

Abb. 24: Tolles Teil eines Metriorhynchus-Unterkiefers!

 

 

Abb. 25: Schöne Gastropodensteinkerne aus den Marnes de Hennequeville, Oxford.

 

 

Abb. 26: Riesige Ammoniten, ich glaube die waren aus dem Turon?

 

 

Abb. 27: Hier noch der Prospekt vom Maison du Fossile mit Zeiten und Eintrittspreisen (Stand: Juni 2013).

 

 

Abb. 28: Lion-sur-Mer, Ende.

 

 

Abb. 29: Villers-sur-Mer, Anfang.

 

 

Abb. 30: Mitten zwischen den "Vaches Noires".

 

 

Abb. 31: Blick auf das Profil mit Turm und (leider privatem) Aussichtspavillon.

 

 

Abb. 32: Die vesandeten Callovium-Flächen bei einsetzender Flut.

 

 

Abb. 33: Gastropoden-Anschliffe auf Block.

 

 

Abb. 34: Schnecken-Steinkern, vermutlich einer Pseudomelania in einem Block.

 

 

Abb. 35: Ein Nucleolites in Fundposition.

 

 

Abb. 36: Panorama Vaches Noires, hier kann man in etwa erkennen, warum sie "Schwarze Kühe" heißen!

 

 

Abb. 37: Einheimische Sammler und Gleitschirmflieger, alles ist machbar in den Falaises, bei diesem tollen Wetter!

 

 

Abb. 38: Schönes Abschlussbild an diesem Tag!

 

 

Abb. 39: Im Ort Villers-sur-Mer tragen sogar die Begrenzungspfähle Ammoniten!

 

 

Abb. 40: Auch die Saurier am Platz bei der Touristen-Information, wo das alte Museum war, wurden wieder neu bepflanzt.

 

 

Abb. 41: Das neue Museum PaleoSpaceOdyssée, mit sehr moderner und reizvoller Performance.

 

 

Abb. 42: Der Prospekt des Museums.

 

 

Abb. 43: Ende Villers-sur-Mer, weiter mit Ste. Honorine des Pertes.

 

 

Abb. 44: Ste. Honorine mit Blick in Richtung Port-en-Bessin.

 

 

Abb. 45: Blick in die Gegenrichtung.

 

Abb. 46: Blick durchs Tor der Deponie Hubert-Folie. Vorn links frisches Material, leider jedoch kein Reinkommen! Im Steinkern-Forum wurde berichtet, dass es sich auch hier leider nur um fossilarmes Bathonium handeln soll.

 

 

Abb. 47: Das gleiche Trauerspiel in Fresney...

 

 

Abb. 48: Warnschild hinter dem Tor am oberen Zufahrtsweg in Fresney.

 

 

Abb. 49: Natürlich gehört auch ein Besuch der wunderbaren Felsformationen der Alabasterküste bei Étretat dazu!

 

 

Abb. 50: Das wohl bekannteste Motiv am Falaise d'Aval: Bogen (Porte d'Amont) und die 70 Meter hohe Felsnadel (Aiguille).

 

 

Abb. 51: Ein rezentes UFO fand ich bei Ebbe an einem Kalkbrocken am Strand von Luc-sur-Mer. Nach Auskunft im Forum soll es sich bei der Seeanemone, um die Pferdeaktinie Actinia equina handeln!

 

 

Abb. 52: Zum Schluss noch ein Gruß an alle Urlaubsreifen unter Euch!

 

Glück auf und einen schönen Sommer Euch allen!

 

Stefan Werner