Niedersachsen

Das Karbon des Piesbergs bei Osnabrück

Es ist in Deutschland erstaunlich schwer aktive Aufschlüsse mit anstehendem Karbon zu finden. Im Ruhrgebiet gibt es zwar große Karbonvorkommen, aber der Abbau findet in großer Tiefe statt, so dass man auf Halden angewiesen ist.
Aufschlüsse an der Oberfläche wie im Jahr 2005 in Essen-Kupferdreh (Siehe: http://www.steinkern.de/forum/viewtopic.php?t=186  ) sind selten und zeitlich begrenzt. Das Karbonvorkommen des Piesbergs bei Osnabrück ist mit seinem langjährigen Abbau im Tagebau eine der wenigen zuverlässigen und leicht zugänglichen Karbonaufschlüsse in Deutschland.

Update Mai 2007:
Die Verhältnisse haben sich durch den regen Abbau verbessert. Auf den Halden unten findet sich interessantes Material, aber auch auf der obersten Sohle sind Flöze gut aufgeschlossen.


Aufschlusssituation Oktober 2006:
Da die Bauwirtschaft gut läuft wird auch hier kräftig gesprengt, nur leider an den falschen Stellen. Es gibt zwar viele Halden, aber kaum gutes Material zum Sammeln. Das meiste ist zu weit von den Flözen entfernt abgebaut worden und fossilleer. Was noch recht häufig vorkommt sind große Stammstücke, die zwischen glatten Kieseln (Flußgerölle) eingebettet wurden. Unter diesen Bedingungen wurden aber nur grobe Hölzer und keine feien Strukturen erhalten.

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Der neue Teil (Oktober 2006) noch recht oberflächennah. Die graue Halde ist ziemlich fossilleer.





Die Anfahrt erfolgt über die A1 bis Osnabrück-Nord. Dort auf die B68 Richtung Osnabrück und  direkt an der nächste Ausfahrt abfahren. Links auf die Osnabrücker Straße. Nach ca. einem Kilometer rechts in die Pyer Straße. Nach ein paar Metern in den Grubenweg abbiegen und dort parken. Den Berg hoch und auf der ersten Abzweigung im Wald rechts landet man oben im Steinbruch. Von hier hat man schon einen guten Überblick über den hohlen Zahn, den hundert Jahre Abbau geschaffen haben:

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Oktober 2006: Der Abbau hat deutliche Fortschritte gemacht


Die aufgeschlossenen Schichten werden dem Westfalium C-D zugeordnet. Vor etwa 300 Millionen Jahren war das ein tropischer Wald in Äquatornähe, der sich hauptsächlich aus folgenden Pflanzengruppen zusammensetzte: Calamiten (bis baumgroße Schachtelhalme) und ihre Belaubung (Annularia), farnartige Gewächse (Sphenopteris und andere), Lepidodendron (Schuppenbaum) und Sigillaria (Siegelbaum).

Die häufigsten tierischen Fossilien sind Schwertschwänze (Euproops sp. und Euproops bifidus), auch fälschlicherweise Pfeilschwanzkrebse genannt, da diese Tiere zu den Spinnentieren gehören. Teilweise gehäuft gibt es kleine Süßwassermuscheln (Anthraconaia pruvosti und Anthraconaia piesbergensis). Sehr selten sind Eikapseln von Süßwasserhaien (Palaeoxyris sp., zur Zeit noch in wissenschaftlicher Bearbeitung) und kleine Spinnen (Aphantomartus pustulatus). Etwas häufiger sind verdriftete Häutungsreste (Einzelne Pleuren, Beinteile und Mittelkörperteile, noch zusammenhängende Teile sind sehr selten, ein kompletter Riesnetausendfüßer wurde leider noch nie gefunden) vom "Riesentausendfüßler" Arthropleura armata. Die oft schwer erkennbaren Insektenflügel werden fortlaufend wissenschaftlich bearbeitet und jeder Neufund kann neue Erkenntnisse bringen.

Die Kohleflöze sind als schwarze Horizonte gut zu erkennen. Die besten Funde sind im Umfeld der Flöze möglich, die dazwischen liegenden Schichten aus Sandstein sind meistens fossilleer. Da die Fundstücke oft sehr schwergewichtig und groß sind, sollte man sich gut überlegen was man den Weg von ganz unten wieder rausschleppt. Die farbigen Beläge der Fossilien bestehen aus dem Hydroglimmer Gümbelit (weiß), der teilweise durch eingelagerte Fremdionen wie z.B. Eisen Färbungen von Orange über Rot bis hin zu irisierendem Blau haben kann. Entstanden ist der Gümbelitbelag sekundär beim Aufstieg des Bramscher Plutons.


Hier ein Beispiel für solche Färbungen. Der große Vorteil ist, dass die Pflanzen dann mit dem dunklen Schieferton einen stakren Kontrast bilden und so gut zu erkennen sind.
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Baumgroße Schachtelhalme und ihre Belaubung gehören ebenfalls zu den häufigen Funden.
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Oft finden sich komplette Wurzelhorizonte unter den Flözen. Diese Stigmaria haben eine eigene Nomenklatur, da sie oft dem Rest des Baumes nicht zugeordnet werden können.
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Oktober 2006: momentan recht häufig zu finden: grobe Hölzer in Flusskieselbetten.




Links:

Hier gibt es eine Liste der gefundenen Arten:
http://www.boerseos.de/
(Fundorte, Piesberg, Fossilien)

Ein ausführlicher Artikel zum Thema Insekten:
http://www.naturwissenschaftlicher-verein-os.de/onm/onm28/brauckmann.pdf




Literatur:

Die Steinkohlen-Floren Nordwestdeutschlands (Band 36 von Fortschritte in der Geologie von Rheinland und Westfalen; es handelt sich hier um einen Textband und einen Tafelband. Beide Bände sind notwendig zur Bestimmung; Geologisches Landesamt NRW, Krefeld 1991 von K. H. Josten)
als Ergänzung ist Band 39 der selben Reihe gut: Die Pflanzenfossilien im Westfal D, Stefan und Rotliegend Norddeutschlands (K.- H. Josten, H.W. J. van Amerom, Krefeld 1999)
Ein gutes allgemeines Kapitel zum Piesberg ist in Geologie des Osnabrücker Berglandes (Hrsg. Horst Klassen) enthalten. Leider ist dieses Buch vergriffen und allenfalls antiquarisch erhältlich. Hier sind aber nur einige exemplarische Pflanzenfossilien abgebildet.