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Geologische Erkundungen auf Fuerteventura, 4. Teil: Fossile Landschnecken südlich von Corralejo

Fuerteventura ist nur 100 km vom afrikanischen Festland entfernt und nur durch eine seichte Meerenge von wenigen Kilometern breite und einer maximalen Tiefe von 40 m von Lanzarote getrennt. Neben sechs kleineren kanarischen Inseln sind folgende sieben Hauptinseln zu nennen: Teneriffa (als größte, 2057 km²), Fuerteventura (1731 km²), Gran Canaria (1532 km²), Lanzarote (795 km²), La Palma (728 km²), Gomera (378 km²) und Hierro (277 km²). Im Osten liegen Fuerteventura und Lanzarote, zentral liegen die Inseln Teneriffa und Gran Canaria und im Westen La Palma, Hierro und Gomera. Die Kanarischen Inseln sind in geologischer Hinsicht relativ gut untersucht. Fuerteventura ist neben Lanzarote im Vergleich zu den westlichen Inseln sehr trocken. Auf den hochgelegenen Bergkuppen auf Fuerteventura fallen im Durchschnitt weniger als 300 mm Niederschlag pro Jahr. Die dadurch resultierende Kargheit bzw. Vegetationsarmut bietet dem Geologen, Mineralogen sowie Paläontologen ein fantastisches frei zugängliches Arbeitsgebiet.

Heute, liebe Leser, möchte ich Sie zu sehr fossilreichen quartären Fundstellen führen, an denen interessante fossile Landschnecken zu finden sind. Nur wenige Publikationen sind bislang erschienen, die ausschließlich oder überwiegend der terrestrischen Landschneckenfauna gewidmet sind. Zu nennen sind die Arbeiten von ALONSO, M. R., F. C. HENRIQUEZ & M. IBANEZ (1991), BANK, R. A., K. GROH & T. E. J. RIPKEN (2002) und FISCHER, W. (2003). Bei unseren Exkursionen treffen wir diesmal nur auf Mollusken aus terrestrischen Habitaten (Landschnecken).

Unter dem Begriff Mollusken werden Placophora (Käferschnecken), Gastropoda (Schnecken), Bivalvia (Muscheln), Cephalopoda (Tintenfische) und Scaphopoda (Kahnfüßer) zusammengefasst. Mit über 100.000 Arten sind sie der zweitgrößte Tierstamm nach den Arthropoda. Landschnecken unterscheiden sich von den marinen Schnecken durch zahlreiche Anpassungen, die erst das Leben auf dem Lande ermöglicht haben. Da die Landschnecken ihre Gehäuse unter erschwerten Bedingungen tragen müssen, sind die Schalen viel dünner und leichter als die der marinen Schnecken.


Handstück mit fossilien Landschnecken

Abb. 1: Handstück mit fossilen Landschnecken.

 

Corralejo – ein idealer Ausgangsort für unsere Exkursionen

Corralejo ist ein großer Ferienort im Norden der Insel mit einer schönen Altstadt. Die Sicht auf die greifbar nahen Nachbarinseln Lanzarote und Lobos, die man von Corralejo aus hat, ist atemberaubend schön. Ein Spaziergang auf der Hafenpromenade sowie zahlreiche Souvenirläden und Kaffeebars laden zum Verweilen ein. Die weltweit bekannten Dünenlandschaften, genannt „Jable de Moro“, südöstlich von Corralejo lassen das Herz der Badefans höher schlagen.

 

Carralejo Lanzarote

Abb. 2: Corralejo, im Hintergrund kann man Lanzarote sehen.

 

Duenenlandschaft und Meer

Abb. 3: Dünenlandschaft am Meer. Am Horizont ist die Nachbarinsel Lanzarote zu sehen.

 

 

Jable de Moro – unser erster Fundpunkt

Wenige Kilometer südöstlich von Corralejo befindet sich das großflächige Dünengebiet Jable de Moro. Bei Wanderungen durch die Dünenlandschaft können wir stellenweise zahlreiche fossile sowie rezente Landschnecken neben versteinerten Nestern erdwespenähnlicher Insekten (Anthophora-Nester) entdecken. Diese bis 3 cm großen Anthophora-Nester, meist solitär (einzeln), gelegentlich aber auch zu Gruppen verwachsen vorkommend, weisen eine gerundete fingerhutähnliche Form auf. Sie sind ausgesprochen hart und zeigen eine große zentrale Höhlung. Gleichartige Funde sind in den Sanden der Landenge Istmo de la Pared, die aus fossilen karbonatischen Treibsanden sowie leicht verfestigten Kalkareniten besteht, möglich.

 

Anthophora

Abb. 4: Anthophora-Nester und fossile Landschnecken.

 

Culeta de Roque – ein sehr guter Aufschluss

Von Corralejo kommend, fahren wir in Richtung La Oliva. Nach wenigen Kilometern biegen wir rechts ab in Richtung Culeta de Roque. Auf halber Strecke können wir auf der linken Seite einen schluchtartig eingetieften Sandabbau sehen. Hier können wir unseren Wagen Parken. Bei der Begehung der anstehenden Sandflächen werden wir schnell in den Sanden folgende fossile Landschnecken entdecken: Pomatias cf. lanzarotensis (WOLLASTON 1878), Granopupa granum (DRAPARNAUD 1801), Truncatellina purpuraria (HUTTERER & GROH 1993), Napaeus cf. rufobrunneus (WOLLASTON 1878), Ferussacia valida (MOUSSON 1872), Rumina decollata (LINNAEUS 1758), Cryptella auriculata (MOUSSON 1872), Caracollina lenticula (MICHAUD 1831), Monilearia monilifera (WEBB & BERTHELOT 1833), Canariella plutonia (LOWE 1861), Theba geminata (MOUSSON 1857) sowie die wohl auffälligste Landschnecke Hemicycla sarcostoma (WEBB & BERTHELOT 1833). Die Mündung der Spezies Hemicycla sarcostoma (siehe Abb. 6) ist stark erweitert, leicht nach außen aufgewölbt und daher leicht von anderen Arten zu unterscheiden. Auch an diesem Fundort kommen die bereits beschriebenen Anthophora-Nester in sehr guter Erhaltung vor. Es können schöne Verwachsungen mit mehreren Individuen aufgesammelt werden.

 

Aufschluss bei Culeta de Roque

Abb. 5: Im Vordergrund der Aufschluss bei Culeta de Roque.

 

Hemicycla sarcostoma Carralejo

Abb: 6: Hemicycla sarcostoma (WEBB & BERTHELOT 1833), Corralejo.

 

 

Gebiet südlich Corralejo

Südlich von Corralejo sind große, quartäre, fossilführende Sandflächen von jungen Lavafeldern (Malpais) und anderem vulkanischen Auswurfmaterial überdeckt. Bei Straßenarbeiten oder anderen Bautätigkeiten in diesem Gebiet können zahlreiche fossile Landschnecken gefunden werden. Sehr interessant sind die endemischen Arten, d. h. nur in dieser Region vorkommende Schnecken wie die Pomatias lanzarotensis (MOUSSON 1872), Ferussacia fritschi (MOUSSON 1872), Theba arinagae (GITTENBERGER & RIPKEN 1987), Theba geminata (MOUSSON 1857), Candidula ultima (MOUSSON 1872) und Monilearia monolifera (WEBB & BERTHELOT 1833), neben denen noch andere Landschnecken vorkommen.

 

Endlose Duenenlandschaften suedl Carralejo

Abb. 7: Endlose Dünenlandschaften südlich von Corralejo.

 

Sandverwehungen Warnschild

Abb. 8: Sandverwehungen können auf Fuerteventura erhebliche Probleme im Straßenverkehr verursachen.

 

Eine weitere sehr lohnenswerte Fundstelle befindet sich im Barranco de los Encantados westlich von La Oliva. Das Gebiet lädt ein zu einer traumhaften Wanderung mit sehr guten Fundmöglichkeiten für fossile Landschnecken ein.

Der aufmerksame Wanderer wird noch viele weitere Fundstellen mit Landschnecken auf Fuerteventura entdecken können. Speziell in den ausgetrockneten Schluchten (Barrancos), die auf der ganzen Insel anzutreffen sind, sind die Fundmöglichkeiten gut, da hier ältere Sedimentschichten durch natürliche Erosion angeschnitten sind.

Schützen Sie bitte die fantastische Natur Fuerteventuras und nehmen Sie allen Abfall, leere Getränkedosen, Plastiktüten usw. wieder mit, so dass auch die nachkommenden Besucher die Insel in ihrem Ursprung erleben und erkunden können.

Text und Fotos: Frank Wenzel

 

Literatur:

ALONSO, M. R., F. C. HENRIQUEZ & M. IBANEZ (1991): Nuevas especies de moluscos terrestres (Gastropoda, Pulmonata) de la isla de Alegranza (Archipiélago Canario).

 

BANK, R. A., K. GROH & T. E. J. RIPKEN (2002): Catalogue and bibliography of the non-marine Mollusca of Macaronesi.

 

FISCHER, W. (2003): Landschnecken aus Basalten südlich von Corralejo, Fuerteventura (Kanaren, Spanien).

 

 

Links zu den zuvor erschienenen Teilen der Serie:

Geologische Erkundungen auf Fuerteventura, 1. Teil: die Fossilien von Majanicho

Geologische Erkundungen auf Fuerteventura, 2. Teil: Kalk, ein ehemals wichtiger mineralischer Rohstoff auf Fuerteventura

Geologische Erkundungen auf Fuerteventura, 3. Teil: Fossile Strandlinie südlich Playa la Guirra