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Tertiäre Funde aus Cadzand

 

Lässt man einem Fossiliensammler gegenüber das Wort „Cadzand“ fallen, denkt dieser in der Regel sofort an Haizähne (Abb. 1).

 

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Abb. 1: Haifischzähne aus Cadzand (Sammlung und Foto: Karsten Genzel), links Notorhynchus primigenius, rechts: Carcharias acutissima.

 

Mehr über die Haifischzähne von Cadzand ist auf Steinkern.de nachzulesen unter:

http://www.steinkern.de/fundorte/sonstige-laender/287-haifischzaehne-von-cadzand.html

 


Nun gibt es aber in Cadzand noch andere Fossilien zu finden, über die ich hier berichten möchte.
In diesem Artikel sollen fossile Muscheln (Bivalven) und Schnecken (Gastropoden) beschrieben werden, welche ich bei mehreren Kurzaufenthalten dort finden konnte.
Die ertragreichste Fundstelle, genannt der „Zwarte Polder“, birgt Fossilien aus dem Tertiär, genauer aus dem Pliozän.

 

Geographische Lage

Cadzand liegt in der niederländischen Provinz Zeeland, zwischen Breskens und der belgischen Grenze und südlich der Westerschelde.
Den „zwarten Polder“ erreicht man, indem man vom Boulevard in Cadzand-Bad Richtung Cadzand nach links auf den Vlamingpolderweg fährt. Am Ende der Straße biegt man nach links auf den Zwartepolderweg ab. Nach dem Passieren des Campingplatzes fährt man auf einen großen Radarturm zu. Hier besteht die Möglichkeit das Auto zu parken, es sind dann nur noch ca. 300 m zu Fuß (am Strand nach rechts orientieren) zum Schwarzen Polder.
Man kann aber auch am Radarturm vorbeifahren, nach links in den Dwarsdijk abbiegen, um so einen Bogen um den Schwarzen Polder zu schlagen. Auch hier bieten sich Parkmöglichkeiten.

 

Woher kommen die Fossilien?

Durch den Gezeitenstrom und den Strom der Westerschelde werden auf dem Meeresboden vor der Küste Schichten abgetragen, die Fossilien aus dem Tertiär enthalten. Diese werden durch die Gezeiten an den Stränden angespült. Außerdem werden manchmal in den Wintermonaten die für den Tourismus wichtigen Strände aufgespült, um sie zu erhöhen. Das Material dazu stammt aus der Westerschelde und enthäl,t abhängig davon welche Schichten angesaugt werden, ebenfalls fossiles Material, wodurch mit dem Sand Fossilien auf die Strände gelangen.

 

Wo sucht man am besten nach den Fossilien?

Im Gegensatz zu anderen Fundstellen in der Gegend, sollte man hier nicht direkt am Meer, sondern zwischen dem Meer und den Dünen suchen (also am Strand), es sei jedoch jeder Sammler dazu angehalten den Strand und vor allem die Dünen sorgsam zu behandeln und nicht zu verschmutzen.

 

Welche Fossilien kann man dort finden?

Außer diversen Haizähnen (ich habe allerdings noch keinen gefunden) kann man dort Bivalven (Muscheln) und Gastropoden (Schnecken) nicht nur in glaukonitischem Sandstein finden, sie liegen auch lose herum.

 

Ausrüstung und Jahreszeit

An Ausrüstung benötigt man nur eine Tasche, Tüte oder einen Rucksack zum Transportieren der Funde, gute Augen und eine Portion Geduld. Die beste Jahreszeit zum Sammeln ist der Herbst, wenn es gestürmt hat.

 

Funde:

 

Bivalven/Muscheln

Besonders häufig kann man die Muschel Megacardita sp. (Abb. 2) finden, die zumeist lose am Strand liegt. Häufig hat sie merkwürdige Löcher: Dies sind dann Bohrlöcher (ebenfalls Abb. 2) des Bohrschwamms Cliona celata.

 

Abb.1

Abb. 2: Megacardita sp., ca. 2 cm lang.

 

Megacardita (Venericor) planicosta lerichei (LAMARCK, 1806) ist, wie der Name schon sagt, mit der oben erwähnten Art verwandt, allerdings ist sie im Gegensatz zu ihrer Verwandten berippt; sie ist auf Abb. 3 zu sehen. Das abgebildete Exemplar steckt in glaukonitischem Sandstein.

 

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Abb. 3: Steinkern der Muschel Megacardita (Venericor) planicosta lerichei, ca. 3 cm lang.

 

Man kann nicht nur Objekte aus bzw. in glaukonitischem Sandstein, sondern auch aus Phosphorit finden. Abb. 4 zeigt einen Muschelsteinkern. Die Muschelschale wurde vom Sediment und Muschelresten ausgefüllt und ist selbst nicht erhalten geblieben:

 

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Abb. 4: Muschel-Steinkern, 3 cm.

 

Rezente Herzmuscheln (Cardiidae) kennt jeder und hat sie auch wahrscheinlich schon einmal beim Strandspaziergang aufgehoben - in Cadzand kann man sie auch in fossiler Form finden (Abb. 5, glaukonitischer Sandstein).

 

Abb.4

Abb. 5: Cardiidae (Herzmuschel), ca. 0,2 cm lang.

 

Gastropoden/Schnecken

Am „zwarten Polder“ habe ich bisher nur sehr wenige schöne Schnecken gefunden und zwar Turritellen:
Abb. 6 zeigt ?Turritella sp. in glaukonitischem Sandstein, während Abb. 7 eine lose Schnecke zeigt, welche ich als Epitonium (Clathrus) clathrus (LINNAEUS, 1758) aus dem Pliozän bestimmt habe. Da Epitonium auch rezent an der Nordsee vorkommt, könnte dieses Exemplar letztlich auch rezent sein.
Dies ermöglicht meiner Ansicht nach einen schönen Vergleich zwischen einem Fossil in/auf Matrix und einem ähnlichen, lose gefundenen Exemplar.

 

Abb.5a2

Abb. 6

 

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Abb. 7: Pliozäne oder rezente (?) Schnecke Epitonium (Clathrus) clathrus (LINNAEUS, 1758) mit Bryozoenbewuchs.

 

Rezente Funde

Manchmal sieht man auf Muscheln oder Steinen eine seltsame Struktur – das sind dann rezente Bryozoen (Abb. 8). Findet man seltsame „Röhrchen“ auf Muscheln und Schnecken, so sind das dann Serpeln (Abb. 9 a und b).

Abb.7

Abb. 8: Rezente Bryozoe.

 

Abb8

 

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Abb. 9 a und b: Rezentes Schneckengehäuse (Länge: 7 cm) mit Serpelbewuchs.


Etwas ganz Verwirrendes sind rezente Muscheln und Schnecken, die in verrostetem Teer eingeschlossen sind; man könnte sie für Fossilien halten (Abb. 10).

 

Abb.9

Abb. 10: Teerklumpen mit einzementierten rezenten Muscheln, maximal 23 cm lang.

 

Abschließend kann man sagen, dass man in Cadzand mit wenig Aufwand und wenig Erfahrung eine schöne Fauna finden kann.


Cadzand ist sowohl für Erwachsene mit Kindern als auch für solche ohne einen Besuch wert.

 

Sören Rebenich