Die geologisch-paläontologische Abteilung der Zehntscheuer Balingen

Nach dem Portrait über das Museum im Kräuterkasten soll an dieser Stelle ein weiteres Museum der Zollernalb mit einer geologischen Abteilung vorgestellt werden: die Zehntscheuer in Balingen.

Um das Thema noch etwas zu vertiefen, werden im Verlaufe des Berichtes über das Museum auch sehenswerte Aufschlüsse um Balingen und Aspekte zum Thema Steine in der Stadt vorgestellt.

Balingen blickt auf eine lange Tradition geologischer Erforschung zurück. Eine erste Erwähnung von Fossilien geht schon auf Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) zurück, der bei seiner Reise nach Italien durch Balingen kam und Gesteinsbänke mit Versteinerungen in seinen Reisenotizen vom 16. September 1797 erwähnte. Auch die Geologenfamilie Fraas mit Dekan Christoph Friedrich Fraas (1791-1861) und Oscar Fraas (1824-1897) wirkte in Balingen und der Umgebung. Der Tübinger Professor Friedrich August Quenstedt (1809-1889) hielt regen Kontakt zu den Fossiliensammlern in und um die Stadt Balingen und besuchte die Aufschlüsse der Gegend. Theodor Engel (1842-1933), der Verfasser des Geognostischen Wegweisers durch Württemberg, ließ sich nach Laufen an der Eyach nahe Balingen versetzen, um die klassischen Fundstellen der Region studieren zu können. So ist es auch nicht verwunderlich, dass mit der Zeit eine repräsentative Sammlung aus Stiftungen und Erwerbungen im Stadtmuseum zusammenkam. Diese war ursprünglich im Schlossgebäude über dem Eyach-Fluss untergebracht.

Mit der Einrichtung des neuen Heimatmuseums in der renovierten Zehntscheuer neben dem alten Schloss wurde im Untergeschoss im Museumsgebäude auch die geologische Sammlung untergebracht und dabei erweitert und modern aufgearbeitet.

 

01 Zehntscheuer

Abb. 1: Das „Haus der Museen“, die Zehntscheuer in Balingen. Zur Zeit der Aufnahme war gerade eine Sonderausstellung mit dem Titel "Saurier & Co. - Abenteuer Urzeit" zu sehen. Im Hintergrund das alte Zollernschlossgebäude, welches jetzt das Museum für Waagen und Gewichte beherbergt.

 

02 Gesteinssaeule

Abb. 2: Im Untergeschoss der Zehntscheuer sind die Abteilungen Geologie und Archäologie untergebracht.

 

03 Ammoniten

Abb. 3: Alte Sammlungsstücke aus der Region um Balingen wurden in die neuen Erklärungstafeln eingearbeitet.

 

03a Schlotheimia

Abb. 3a: Ein Ammonit der Gattung Schlotheimia aus dem Angulatensandstein des Unterlias. Vermutlich stammt der Fund noch aus der Zeit als noch die Steinbrüche um Balingen im Angulatensandstein aktiv waren - vielleicht hatte sogar schon der Tübinger Professor Quenstedt das Fundstück in der Hand?

 

03b Pyritausbluehungen im Angulatensandstein

Abb. 3b: Der Angulatensandstein ist an vielen Gebäuden der Stadt zu sehen. An der Friedhofsmauer wird die Vergänglichkeit des Materials deutlich. Durch Witterungseinfluss kommt es zu Ausblühungen des Pyritanteiles in den Werksteinen. Gips und Schwefelmineralien bilden sich und werden durch den Regen weggewaschen. Der Eisenanteil des Pyrits bildet rostige Krusten. Es bilden sich Löcher in den Steinen und das Material wird instabil.

 

 

04 Riesenammonit

Abb. 4: Ein großer Ammonit der Gattung Arietites, gefunden bei einer Baumaßnahme im Stadtgebiet von Balingen (ex coll. Vollmer, Frommern).

 

05 Trias

Abb. 5: Nicht nur der Jura bietet Fossilien – auch aus der Trias sind Funde zu sehen. Der Kiefer eines Mystriosuchus wurde Anfang des 20. Jahrhunderts in einem Steinbruch im Stubensandstein im Kühlen Grund nördlich von Balingen von Steinbrechern entdeckt und dem Museum übergeben.

 

05a Stubensandstein ueber bunten Mergeln Boellatmuehle

Abb. 5a: Bei Spaziergängen in der nahen Umgebung der Stadt Balingen lassen sich einige Aufschlüsse entdecken. An einem Prallhang der Eyach an der Böllatmühle beim Kühlen Grund nördlich von Balingen liegt der Stubensandstein (Löwenstein-Formation) über den Bunten Mergeln (Mainhardt-Formation), beide Formationen gehören zum Keuper. Foto vergrößern.

 

05

Abb. 5b: Wer den Stubensandstein in der Stadt betrachten möchte, kann die verarbeiteten Werksteine an Gebäuden anschauen. So wurde zum Beispiel die Stadtkirche zum großen Teil aus dem hellen Sandstein erbaut.

Abb. 5c: Es lohnt sich, die Steine an der spätmittelalterlichen Kirche genauer zu betrachten, denn am verarbeiteten Stubensandstein lassen sich alte Steinmetzzeichen entdecken.

 

06 Ceratites

Abb. 6: Ein Ceratites spinosus aus dem Oberen Muschelkalk von Haigerloch. Für den Muschelkalk der Gegend ein außergewöhnlich gut erhaltenes Exemplar (ex coll. G. Stappenbeck, Sulz).

 

07 Encrinus liliiformis

Abb. 7: Krone der Seelilie Encrinus liliiformis aus dem Trochitenkalk von Haigerloch (ex coll. G. Stappenbeck, Sulz).

 

08 Lias

Abb. 8: Die Vitrine mit Fossilien aus dem Lias der Balinger Umgebung.

 

09 Lias

Abb. 9: Berühmt und bei Fossiliensammlern begehrt sind die Ammoniten aus dem Unterlias von Balingen.

 

10 Lias

Abb. 10: Auch der Mittellias ist sehenswert. Die Gegend des Kleinen Heuberges bei Balingen war berühmt für Kahlstellen, auf denen Pyritfossilien des Lias abgelesen werden konnten. Leider ist im Verlaufe der Jahrzehnte einiges altes Sammlungsmaterial durch Pyritausblühung zerstört worden und musste aussortiert werden.

 

11 Lias

Abb. 11: Eine schöne Seelilie aus dem Oberlias-Schiefer von Dotternhausen (ex coll. Rohrbach, Dotternhausen). Foto vergrößern.

 

12 Lias

Abb. 12: Ammoniten aus dem Schieferbruch des Zementwerkes Dotternhausen (ex coll. Rohrbach, Dotternhausen).

 

13 Lias

Abb. 13: Ein großer Belemnit der Gattung Passaloteuthis aus dem Posidonienschiefer.

 

14 Dogger

Abb. 14: Eine Auswahl von Doggerfossilien der Balinger Berge ist ebenfalls vertreten. Schön gestaltete Grafiken erläutern Schichtbau und ehemalige Lebewelt.

 

15 Dogger

Abb. 15: Beispiele aus dem unteren Braunjura - Aalenium. Da die Doggerschichten der Balinger Berge nur selten gut aufgeschlossen sind, müssen solche Funde aus alten Sammlungen als Raritäten gewertet werden.

 

16 Dogger

Abb. 16: Ammoniten aus dem mittleren Braunjura.

 

16a Subfurcatenoolith Zillhausen bei Balingen

Abb. 16a: Der Geopfad bei Zillhausen führt durch die Geologie und Landschaft des Braunen Jura der Balinger Berge. Entlang des Geopfades sind einige Aufschlüsse des mittleren Braunjura zu betrachten, wie hier im Subfurcaten-Oolith.

 

17 Dogger Macrocephalites

Abb. 17: Ein besonders großes Macrocephalites aus dem Callovium von Albstadt-Pfeffingen (ex coll. H. Bader, Pfeffingen).

 

18 Spurenfossilien

Abb. 18: Im Zuge der Neukonzeption des Museums wurde eine Abteilung mit Spurenfossilien aus dem Jura aufgebaut.

 

 

18a Spurenfossilien in der Stadtmauer

Abb. 18a: Spurenfossilien aus dem Unterlias. Nicht im Museum sondern beim Stadtspaziergang entdeckt in einem restaurierten Abschnitt der alten Stadtmauer.

 

 

19 Seegrasschiefer

Abb. 19: Eine Platte Seegrasschiefer mit Belemnit. Beim „Seegras“ handelt es sich um das Spurenfossil Chondrites, gefunden bei der Erschließung eines Baugebiets im Oberlias von Hechingen (ex coll. N. Wannenmacher). Foto vergrößern.

 

20 Phycosiphon

Abb. 20: Sehr selten ist das Spurenfossil Phycosiphon incertum aus plattigen Lagen des Angulatensandsteins. Fund aus dem Unterlias beim Ausbau der Bundesstraße 27 bei Balingen- Engstlatt (ex coll. N. Wannenmacher).

 

21 Malm

Abb. 21: Die Weißjuravitrine. Hier sind überwiegend Fossilien der Lochenberge ausgestellt.

 

22 Malm

Abb. 22: Eine wunderschöne Fossilstufe von den Lochen aus dem alten Bestand des Museums mit den Ammoniten Praeataxioceras (Subnebrodites) virgulatus und Taramelliceras costatum sowie einem Brachiopoden. Foto vergrößern.

 

22a Lochengruendle

Abb. 22a: Direkt am Lochenpass oberhalb von Balingen liegt das Lochengründle mit dem immer noch anschauenswerten Aufschluss in der Schwammriff-Fazies im unteren Weißen Jura.

 

23 Malm

Abb. 23: Eine Auswahl von Ammoniten (Taramelliceras und Streblites) aus dem Weißen Jura der Balinger Berge.

 

24 Landschaftsgeschichte

Abb. 24: Landschaftsgeschichte und weitere Aspekte der Geologie der Balinger Alb lassen sich im Museum anhand großer Klapptafeln studieren.

 

25 Fossilisation

Abb. 25: Was passiert bei der Fossilisation? Auch das wird anschaulich dargestellt. Zunächst eine Situation am Strand, wie wir sie heute sehen können.

 

26 Fossilisation

Abb. 26: Das könnte in Zukunft übrig bleiben und als Versteinerung überliefert werden.

 

27 Schloss Balingen

Abb. 27: Zum Abschluss noch eine Ansicht des Balinger Schlosses über der Eyach. Im Hintergrund die Zehntscheuer. Auch beim Bau des Schlosses wurde heimischer Angulatensandstein verwendet.

 

Norbert Wannenmacher für Steinkern.de

 

Adresse

Zehntscheuer
Neue Straße 59
72336 Balingen

 

Öffnungszeiten Zehntscheuer
Dienstag - Sonntag sowie an Feiertagen
von 14.00 Uhr - 17.00 Uhr
Führungen nach Vereinbarung
Eintritt: frei (mit Ausnahme Sonderausstellung)

 

Weitere Infos und Flyer zum Download:

http://www.balingen.de/,Lde/Startseite/Kultur_+Tourismus+_+Sport/Zehntscheuer.html

 


Literatur zum Thema:

SCHEERER, F. (1977): Versteinerungssammler (Paläontologen) unserer engeren Heimat, Heimatkundliche Blätter Balingen 24 (6), Beilage des Zollern-Alb-Kuriers, Balingen. S. 117-118, 123. Download als PDF (die Seiten 117-118 befinden sich auf den Blättern 21-22)

 

SCHEERER, F. (1981): Von Fossilienfunden unserer Gegend, Heimatkundliche Blätter Balingen 28 (12), Beilage des Zollern-Alb-Kuriers, Balingen. S. 333-334. Download als PDF (die Seiten 333-334 befinden sich auf den Blättern 23-24)

 

WANNENMACHER, N. (2011): Der Zillhausener Wasserfall: Eine klassische Lokalität geologischer Forschung, Fossilien 2/11, S. 91-96.

 

WANNENMACHER, N. (2013): Der Angulatensandstein der Zollernalb, Fossilien 6/13, S. 370-376.

 

WANNENMACHER, N. (2015): Eine Zeitreise durch die Zollernalb, Fossilien 5/15, S. 24-33.

 

WANNENMACHER, N. (2017): Historische Fundstücke zur Geologie der Schwäbischen Alb, Fossilien 5/17, S. 49-56.

 

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