Pseudastacus muensteri - Überarbeitung eines seltenen Krebses aus den Plattenkalken

Die Geschichte beginnt vor etlichen Jahren. Genauer gesagt, sie beginnt im Jahr 2008. Es ist mein erster Besuch auf der Petrefakta. Der Ritt beginnt am Samstag, morgens, zu nachtschlafender Zeit, um 3:00 Uhr.

Katzenwäsche, schneller Kaffe, rein ins Auto und los geht es. Wir starten in der Nähe von Wolfsburg. Stunden später, bei Frankfurt wird noch ein Sammler „aufgepickt“ und es geht gleich weiter.

 

Mit Pausen erreichen wir die Veranstaltung bereits um 9 Uhr. Die Tore sind noch geschlossen, aber es bildet sich bereits eine Schlange. Die „üblichen Verdächtigen“ finden sich, einer nach dem anderen, ein. Grüppchenbildung und angeregte Gespräche allenthalben, die Wartezeit vergeht wie im Fluge.

Die Messe öffnet. Noch ein Mitbringsel für einen Anbieter unter dem Arm, geht es in die Halle. Gleich an einem der ersten Stände mit einem Sammelsurium von Fossilien aus aller Welt und auch etwas Solnhofener Plattenkalk sehe ich aus dem Augenwinkel einen kleinen Krebs aus den Plattenkalken liegen, der "verdächtige" Scheren trägt. Aber ich muss weiter, die „Wacke“ abliefern. Nachdem dies geschehen ist, sofort zurück zu dem Stand mit dem Krebs - und weg ist er. Mist! Wie sich später herausstellt, hat ihn Roger „eingesackt“.

 

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Weiter geht die Geschichte dann erst 2014. Das Stück ist zu haben, Roger hat ein besseres Exemplar bekommen. Das Stück ist noch immer in dem Zustand, wie es auf der Petrefakta zu sehen war. Nach einer kurzen Beurteilung werden wir uns schnell einig. Der Krebs wechselt erneut den Besitzer.

 

 

Sichtung unter dem Mikroskop und Präparation

Daheim geht es ans Mikroskop. Dass das Stück in Teilen koloriert ist, sieht jeder. Die Frage, die sich stellt ist, was kann man da noch machen?

 

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Zuerst muss die Farbe weg. Eigentlich ist es keine Farbe, sondern eher ein dicker Brei, der nicht nur Farbe geben soll, sondern auch Fehlstellen kaschiert. Gleich der erste Versuch klappt. Mit einem eingekürzten Pinsel und Nitroverdünnung lässt sich die Pampe verlustfrei und zügig entfernen. Jetzt sehen die Beine zu beiden Seiten des Krebses auch nicht mehr aus wie fehlplatzierte Streichholzhäufchen.

 

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Nun beginnt die eigentliche Arbeit. Zunächst werden noch vorhandene Farbreste mit der Nadel entfernt. Dann wird damit angefangen die Konturen neu zu setzen. Da den Beinen durch ungenaues Arbeiten des Erstpräparators einiges an Substanz fehlt, werden die vorhandenen Negative durch eine mit der Nadel sauber gezogene Linie hervorgehoben. Begonnen wird hierbei mit den Beinen auf der linken Seite. Dann geht es weiter, über die linke Schere, die Antennen, rechte Schere bis hin zur rechten Seite.

 

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Hier liegt bei den Beinen so einiges im Argen. Offensichtlich mangelte es bei der Präparation entweder an anatomischen Kenntnissen, oder an Geduld und Willen. Nur ganz flaches Streiflicht bringt die Konturen, die teilweise schon überpräpariert sind, noch zum Vorschein. Nachdem sie nachgezogen sind, wird der Stein etwas „getrimmt“. Das Kalkhäutchen, das den Krebs verdeckt hatte und im vorderen Bereich der Platte noch an einigen Stellen in Fetzen vorhanden ist, wird wegpräpariert. Auf der unteren Hälfte des Steins verbleibt es, um zu dokumentieren, das der Krebs „rausgemacht“ wurde. Der Stein bekommt nun ein Gesicht, wirkt ruhiger, schöner.


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Nun ist der letzte Bereich an der Reihe, der Hinterleib. Hier lässt sich unter vorsichtigem Einsatz von Stichel und Nadel noch einiges machen. Anderthalb Segmente des Panzers am Hinterleib lassen sich noch freilegen. Dabei wird der Stein bereichsweise so dünn, dass er im Gegenlicht durchscheinend ist. Dann noch die Kanten glätten und das Präparat versiegeln - fertig.

 

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Am Ende steht ein erheblich ansehnlicherer und vor allem authentischerer Panzerkrebs der Gattung Pseudastacus muensteri. Von dieser Form kennt man nur ganz wenige Exemplare, so dass der betriebene Aufwand in jedem Fall gerechtfertigt ist. Auf eine Koloration der vorhandenen Fehlstellen wird bei dem seltenen Exemplar verzichtet.

 

Mein Dank gilt Roger Frattigiani für die Überlassung dieses Stücks und dem Erstpräparator, der rechtzeitig aufgehört hat, um nicht noch mehr Schaden anzurichten (egal ob wissentlich oder nicht).

 

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Fossil: Pseudastacus muensteri

Fundort: Wegscheid bei Eichstätt, obere Schichten

Größe: 6,8 cm (ohne Antennen gemessen)

Zeitaufwand: ca. 7 Stunden

 

 

pseudastacus

Weitere Informationen zur Gattung Pseudastacus

 

RESCH, U. & FRATTIGIANI, R. (2012): Beobachtungen an der oberjurassischen Krebsgattung Pseudastacus aus den Solnhofener Plattenkalken, in: Der Steinkern - Heft 8, S. 50-59.