Präparation eines Raubfisches aus den Plattenkalken, 1. Teil

Auf welche Probleme man bei der Präparation eines 70 cm großen Fisches stoßen kann und wie man sie löst, wird in diesem Beitrag am Beispiel eines Raubfisches aus den Plattenkalken erläutert.

Einige werden sicher denken: “da schreibt der schon wieder über so einen Plattling aus Solnhofen! Ist doch eh immer das Gleiche“. Dennoch habe ich mich für den Artikel entschieden, denn Gelegenheiten etwas in dieser Größe zu präparieren kommen nicht häufig vor und die Erfahrungen im Handling solcher Stücke sind demzufolge rar. Das sind zwei wichtige Gründe sie offen zu legen um Anderen die Arbeit zu erleichtern.


Die Ausgangssituation:
Zu Beginn war es - wie eigentlich immer - ein Haufen Teile. Erfreulicherweise waren es aber erheblich weniger Stücke als vermutet. Der Fisch befindet sich im Wesentlichen auf 2 Steinen und zeigt bei der Größe recht wenige Fehlstellen auf! Auch wirft er für die Größe erfreulich wenig Beulen. Wie man auf dem Bild erkennen kann, findet man die Geodenbildung nur im Randbereich des Fisches und dort überschreitet sie 15 mm kaum. Das gilt auch für den Kopf! Wir sehen hier die Liegendseite des Fisches, ziemlich verdreckt und mit Lehm verschmiert. Die sich kaum abzeichnende Schwanzflosse lässt sich nur erahnen.
 

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Hier ein Detailbild zur Schwanzflosse. Nur ein Schatten einer Entfärbung im Gestein deutet auf sie hin.

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Ordnung und Übersicht schaffen

Weitere Teile werden zusammengefummelt. Nachdem Rumpf und Schwanzflossenplatte ja kein Problem waren, wird es schon übersichtlicher auf dem Wohnzimmertisch. Die Platten die oberhalb des Kopfes ihren Platz haben, konnten erfolgreich zugeordnet werden. Es zeigt sich nun, dass der Kollege einen regelrechten Stiernacken bekommt. Das schränkt die Möglichkeiten was es werden könnte deutlich ein, bzw. Caturus, einer der üblichen Verdächtigen, der auch enorme Größen erreichen kann, scheidet erstmal aus.

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Wenig später ist alles an seinem Platz und ich bekomme etwas Ärger, da meine Partnerin den Wohnzimmertisch und die Decke nicht unbedingt für geeignet hält um solche steinernen Großpuzzle zu tätigen.

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"Rituelle" Waschungen

Nun geht es daran alle Teile zu reinigen. Diesen Teil des Projektes verschiebe ich sicherheitshalber um einen Tag. Da habe ich sturmfreie Bude.

Jede Platte wird separat ins Badezimmer getragen und gewaschen und mit Bürste und Stahlschwamm geschrubbt. Der Dreck muss weg, denn darauf hält kein Kleister! Vorsicht ist geboten, denn die Platten haben teilweise Stärken, die bei knapp 3 mm liegen. Das könnte leicht zu Bruch führen und aus dem Grunde halte ich auch alle Platten beim Waschen in der Badewanne in der Hand. Wichtig ist hier den Stöpsel in den Abfluss zu stecken, da so eventuell abfallende Teile wieder geborgen werden. Spätestens das ist der Punkt an dem man sich emotional dem Objekt nähert, es akzeptiert und mit ihm Selbstgespräche führt.

Das folgende Bild lässt doch schon deutlich mehr von den Konturen des Fisches erahnen, als es vorher der Fall war.



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Auf der anderen Seite kommen nach dem Waschen zwei Details zutage. Ein Schwanzlobus liegt so dicht unter der Oberfläche, dass man ihn in Teilbereichen direkt sehen kann, obwohl er keine Beule wirft und an der Schwanzwurzel ist etwas zu erkennen, was von einigen Wissenschaftlern als Steuerflosse interpretiert wird. Ich denke jedoch, dass es primär etwas mit der Kraftübertagung von der Muskulatur auf die Schwanzflosse zu tun hat. Es scheint auch ein Phänomen der Knochenschmelzschupper zu sein, denn bei den modernen Knochenfischen aus den Plattenkalken vermisse ich diese Ausstattung bislang.
 
07_Flosse_kommt_nach_dem_Waschen.JPG     08_Steuerflosse.JPG



Die Badewanne sah, nachdem das Wasser abgelassen war, erschreckend aus. Man konnte nun aber wunderbar die Groben Stücke auslesen und der verbleibende Schlamm hat Poliereigenschaften wie Stahlfix. Man glaubt es kaum.

11_Die___220_berbleibsel_des_Waschens.JPG


Formatfindung

Der nun folgende Schritt ist der erste staubige. Die Platten werden vorformatiert, nachdem man die Gestalt der entstehenden Platte festgelegt hat. Anschließend werden alle losen Teile zu 2 Platten zusammengefügt um ein besseres Gesamtbild zu bekommen, denn schließlich sollte der Stein ja auch ein bisschen was hermachen, also eine gewisse Ästhetik aufweisen. Nichts ist schlimmer als Briefmarkensteinchen: quadratisch, praktisch, hässlich. So versuche ich denn dem Brocken einen gewissen natürlichen Charakter zu geben und die vorhandene Klüftung so weit wie möglich zu erhalten und in die Formgebung mit einzubeziehen.

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Für mich gilt dabei, dass nichts bescheidener aussieht als ein Stein wie eine Kachel, quadratisch, das Fossil in der Mitte und mit schön rechtwinklig geschnittenen Kanten. Damit verliert das Fossil jedes Leben, seinen Charakter. Diese Form Optik möchte ich gern wissenschaftlichen Sammlungen zugestehen, wo es ja um Information geht, an den eigenen Wänden möchte ich so was aber nicht hängen haben. Vielleicht ist das ja auch der Grund weshalb private Plattenkalksammlungen jüngeren Datums erheblich attraktiver erscheinen als so mache Kachelshow in großen Museen.

Doch nun wieder zurück zur Arbeit.

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Es folgt der spannende Moment nach der Festlegung des Formates, wo geschaut wird, ob das Monster auf den im Steinbruch auserkorenen Trägerstein passt. Dazu wird der Fisch das erste Mal so gelegt, dass man ihn von der zu präparierenden Seite sieht. Damit nicht alles Wackelt, liegt er auf kleinen Sockeln, so dass die Beule auf der Liegenseite etwas über dem Trägerstein schwebt. Das Ergebnis zeigt vielmehr Glück als Augenmaß, denn es passt alles gerade so. Es gibt nichts Nervigeres als einen Trägerstein Zusammendoktern zu müssen.

 
13_Tr__228_gerstein_untergelegt.JPG



Hier noch ein Blick auf das Auge der linken Körperseite. Es ist etwa so groß wie eine 50-€-Cent-Münze.

14_der_Kopf_auf_der_Hangendseite.JPG



Klebevorbereitungen

Der Brocken passt und es geht nun daran das Aufdoppeln vorzubereiten. Zuerst wid das Monstrum in die Küche geschafft. Hier stelle ich fest, dass der Platz reichlich knapp bemessen ist. Nun ist aber die Küchenplatte die einzige wirklich ebene Fläche auf der man kleben kann - der Nachteil, wenn man in einem Altbau wohnt und auch nur Möbel hat die auch schon um die 100 Jahre auf dem Buckel haben.

Nun werden geeignete Reststeinchen aus dem Plattenkalkfundus gesucht und diese auf entsprechende Höhen gebracht, damit sie die Kunststoffsockel ersetzen können. Eines der blauen Klötzchen wird nach dem Anderen ausgetauscht. Immer wenn eines dieser Steintürmchen seinen definitiven Platz erreicht, wird es festgeklebt. Zum Schluss werden noch 4 Anschläge gesetzt, damit der erste der beiden Steine beim Aufkleben wieder die exakte Position erreicht. So sichert man die korrekte Stellung auf der Platte und verhindert ein Verkippen weitestgehend.

15_t__252_rmchenbau.JPG


Nachdem die beiden Steine runtergenommen sind, sieht das Ganze wie auf dem folgenden Bild aus. Zur Verwirrung der geneigten Leserschaft habe ich die Trägerplatte schon einmal gedreht. So kann man die Anschläge für die erste Verklebung besser sehen.

16_T__252_rmchen_und_die_Platten_weggenommen.JPG


Das Kleben

 

Die Platte mit der Schwanzflosse wird noch mal eingelegt um den Klebstoffbedarf zu ermitteln. Dazu wird einfach die Fläche der Platte errechnet und mit dem Spaltmaß (damit ist der Abstand zwischen Fossilplatte und Trägerstein gemeint) multipliziert. In diesem Fall ergab das einen Bedarf von 1,8 Litern. Das ist eine Gebindegröße, die nicht ohne weiteres in einem Rutsch anzurühren ist. So entscheide ich mich für zwei langsame Ansätze um mir mehr Zeit für die Verarbeitung zu sichern und um mögliche Schrumpfungen zu vermeiden. Bei den schon erwähnten dünnen Plattenstärken hat man nur einen Versuch!

Bei der Verklebung klappt alles wie am Schnürchen. Die Menge Kleber war genau richtig. Die Platte liegt satt in ihrem neuen Bett und es gibt keine Stelle an der überflüssiger Klebstoff hervorquillt. Im Gegenteil, rund um die Platte ist er leicht unterständig. Das vereinfacht die später noch zu tätigenden Ansetzarbeiten.

Weiter geht es am Folgetag mit der Rumpfplatte. Hier liegt der Kleberbedarf bei 3,2 Litern. Das geht alleine nicht mehr. Ein Freund, der mich an dem Tag besuchen möchte, hat das Glück mit mir Harze anrühren zu dürfen und meine Launen über sich ergehen zu lassen und reichlich Dämpfe zu schnüffeln.. Da er mit solchen Dingen sonst nichts am Hut hat, wird das Szenario wie in der Raumfahrt mehrfach trocken geübt und dann geht es los. 3 Ansätze Kleister werden vorbereitet, Härter rein und rühren. Das Auftragen klappt problemlos, auch das heruntermodellieren funktioniert ohne eine Verstellung der Platten. Das Ding passt einwandfrei. Nur an einer Stelle oberhalb des Kopfes, wo später noch ein kleiner Stein eingebaut werden muss, besteht die Notwendigkeit hervorquellende Klebmasse zu entfernen. Dies passiert im Moment des Abbindens, da lässt sie sich einfach wie ein zu straff gewordener Pudding mit einem stumpfen Holzspatel teilen und herausheben. 

17_erfolgreich_aufgeklebt.JPG

 


Während des Abbindens wird die Platte dann doch noch ganz schön heiß, obwohl doch schon recht schwache Ansätze angerührt wurden. Das Objekt beginnt leise zu knacken. So wird die ganze Platte auf zwei Stempel gestellt. Dabei entdecken wir, dass sich ein Deckstein über dem Fisch auf der Hauptplatte weitestgehend gelöst hat. Vermutlich eine Folge von Restwasser auf der leicht angespaltenen Schichtfläche und der hohen Temperaturen beim Klebeprozess. Mit einem umgeschliffenen Schlitzschraubenzieher, auf den man einen Maulschlüssel aufstecken kann, gehen wir die Kluft an und der Stein kann in drei Teilen, weil er auf natürlicher Klüftung bricht, heruntergenommen werden. Nun endlich offenbart der Fisch seine Beule! Im Bereich des Körpers finden wir eine Eintiefung, die im gesamten Verlauf zwischen 3 und 5 mm erreicht. Für einen Fisch in der Größe ist das nichts! Üblicherweise schmeißen Fische dieser Größe und Gattung Beulen, die eine Stärke von durchaus 15 - 20 cm erreichen können. Die Platte wurde auf dem folgenden Foto extra aufgestellt und mit Streiflicht angestrahlt um sie überhaupt zeigen zu können.

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Nachdem die Steine beiseite genommen wurden, präsentiert sich der Kopf zu großen Teilen in einer netten 3D-Erhaltung und auch eine sehr lange Brustflosse zeigt sich. Es war gut diesen Stein wegzunehmen, denn er hätte bei der Präparation niemals gehalten. Vermutlich hätte er sich flächig und unkontrolliert gelöst und hätte damit erheblich mehr Schäden angerichtet.

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Es ist spät am Abend und so bietet sich gleich die Gelegenheit das Objekt mal unter UV-Licht zu betrachten. Der Kopf sieht schon sehr steil aus!

20_Kopf_unter_UV.JPG

Nachdem genug Abbindezeit in Form von einigen Tagen vergangen ist, wird der Trägerstein rückseitig kontrolliert. Etwaige Risse werden mit Sekundenkleber zugeschüttet um die Stabilität der Platte weiter zu sichern.

Nun wird geschaut, wie es um den Kameraden bestellt ist. Zuerst werden die Schwanzloben freigelegt, danach die Brustflosse. Nachfolgend geht es an den Körper. Die Erhaltung ist gut, dennoch scheint der Fisch in Teilbereichen deutlich mazeriert und schlecht erhalten zu sein. Vor der Schwanzwurzel fehlen ganze Partien des Schuppenkleides! Eventuell ist die Lage der rechten Körperseite noch vorhanden. Da muss dann mal vorsichtig nachgeschaut werden. Nach einem Tag Arbeit an dem Stück, sieht man immerhin schon einmal woran man ist

 

21_da_liegt_er.JPG

22Kopfbrust.JPG
24Bauchschwanz.JPG
25_Schwanzflosse.JPG


Da die Platten in den Randbereichen sehr dünn sind, wird nun damit fortgefahren den Stein zu komplettieren und noch vorhandene Holräume an den äußeren Plattenrändern aufzufüllen. Angefangen wird dabei an der Kante oberhalb der Rückenseite des Fisches. Zuerst werden die Steinchen aus den Abfallstückchen ausgewählt, die farblich gut in die Lücke passen. Dann werden Schablonen aus Transparentpapier angefertigt und deren Umrisse auf die zuvor ausgesuchten Steine übertragen. Nun werden sie mit der Beißzange vorformatiert und dann am Bandschleifer auf Maß geschliffen. Der Feinschliff mit exakter Anpassung erfolgt dann mittels Diamantscheibe und Mikrobohrmaschine.

Es folgt ein Procedere wie beim Aufdoppeln der Platte. Es werden Türmchen für die genaue Nivellierung gebaut und dann werden die Stücke eingeklebt. Sobald der Kleber angezogen hat, wird damit begonnen die verbliebenen Hohlräume an den Plattenrändern von der Schwanzflosse an hin bis zum Kopf aufzufüllen.

27_obere_Ecken_eingesetzt.JPG

Nach dem Abbinden wird dann erstmal der Stein gezwickt, so dass überstehende Plattenränder nicht mehr stören und das Stück zusätzlich unhandlich machen. Auch die Unterkante wird schon mal bis auf zwei verbleibende Sicherheitszentimeter begradigt. Das ergibt einen völlig neuen Tragekomfort!

Weiter geht es mit dem großen Fehlstück unterhalb des Fisches. Es wird zuerst wieder eine Schablone erstellt, wobei darauf zu achten ist, dass in dem Bereich ein tektonischer Versatz durch die Platte verläuft. Den gilt es nach Möglichkeit fortzuführen um ein harmonisches Gesamtbild zu erreichen. In diesem Falle geben das die vorhandenen Ansetzsteine aber leider nicht her.

Insgesamt ist das Loch auch so groß, dass es sich vermutlich nicht in einem Stück verfüllen lässt. So gilt es denn die noch vorhandenen Steine übersichtlich zu verplanen, damit das vorhandene Material auch reicht. Nachfolgend ein Bild der „Anprobe“.

28_Anprobe_der_unteren_Ansetzsteine.JPG

Das Einkleben geht locker vonstatten. Da wieder Unterbauten vor dem Einkleben errichtet wurden, kommt es auch nicht zu den befürchteten Verrutschungen. Alles sitzt so, wie es sein soll. Nun können auch die verbliebenen Spaltfüllungen am unteren Rand der Platte. Unterhalb des Kopfes und der Schwanzflosse verfüllt werden. Nachfolgend wird dann der Trägerstein bis an die entstandene Kante bezwickt. Dadurch wird er wieder einmal handlicher und verliert noch einmal etwas an Gewicht


29 Eingeklebte untere Einsetzsteine_1.JPG


Das Ergebnis der Formatierung sieht dann so aus:

30_Die_vorgezwickte_Platte.JPG

Der Stein hat eine gute Kontur und einen eigenen Charakter bekommen. Es ist eben keine Kachel mehr und er hat ein Aussehen, das zwar konstruiert ist, dennoch aber recht natürlich aussieht. Ich bin soweit recht zufrieden und demnächst kann der Stein rundum verschliffen werden.

Udo Resch


Fortsetzung folgt...

Bericht für Steinkern.de, alle Rechte beim Autor