Röntgenaufnahmen von Fossilien


von Andreas Rückert  (andrue)

 

 

roentgen1.JPG

 

Abb1: Palaeoisopus problematicus BROILI, Körperlänge 22 cm, die Asselspinne aus Bundenbach

roentgen2.JPG

Abb2: dasselbe Exemplar im Original,das Röntgenbild zeigt das sechste Bein ist unter dem Körper verborgen, fehlt also nicht.

 

Mit diesem Bericht möchte ich mich nicht auf rutschiges Terrain begeben, denn ich bin kein Physiker und möchte den Artikel auch nicht vom physikalischen Aspekt her als bestimmend ansehen. Darstellen möchte ich nur meine eigenen Erfahrungen, die ich mit dem Herstellen von Röntgenaufnahmen von Fossilien gemacht habe.

Neu ist diese Idee sicher nicht,die ersten diesbezüglichen Aktivitäten hat es bereits kurz nach der „Entdeckung“ der Röntgenstrahlung  bereits um 1900 gegeben.

Zweifelsohne sind die Röntgenaufnahmen von Fossilien aus dem Dachschiefer Bundenbachs (Unterdevon, Emsium) nicht nur allgemein bekannt, sondern auch ein integraler Bestandteil der Wissenschaft und der Präparation im Allgemeinen. Der „Urvater“ dieser Entwicklung ist zweifelsohne STÜRMER, von dem auch zahlreiche wissenschaftliche Beiträge existieren und der dieses Verfahren besonders für Bundenbachfossilien der Öffentlichkeit präsentiert hat.

Seine Forschungstätigkeit war wesentlich von der Firma Siemens unterstützt worden, so entstanden bis 1980 über 20000 Aufnahmen.

Aber selbstverständlich sind die ionisierenden Strahlen nicht nur auf Bundenbacher Schieferplatten ausrichtbar, sondern auch für andere Fossilien anwendbar.

Ich fand das Fach Physik immer entsetzlich, möchte daher auch niemanden mit Details hierüber nerven, daher nur einige wenige Worte über einige Grundlagen des Röntgens.

Und zwar werden die Röntgenstrahlen in einer Röntgenröhre erzeugt. Je höher die Spannung (angegeben in KV) ist, desto tiefer dringen die Strahlen in das Gewebe (in unseren Fällen Stein) ein. Der unter dem Objekt liegende Röntgenfilm zeigt dann aufgrund der unterschiedlichen Strahlenabsorption des Objektes verschiedene Schattenintensitäten. Bei geringer Absorption wie z.B. Luft wird das Bild schwarz (Lunge), bei hoher Absorption wird es hell (Knochen).

Soviel also zur Theorie, aber wie sieht es denn in der Praxis bei Fossilien aus? Immerhin haben wir es hier selten mit Luft als Medium zu tun, auch gibt es keine MTA die ruft „Luft anhalten“, glücklicherweise sind Bewegungsartefakte bei unseren Stücken dafür eher nicht zu erwarten...

STÜRMER hatte den großen Vorteil, eine Röntgenanlage zu Nutzen, die nicht für die Humanmedizin, sondern für die Paläontologie konzipiert war. Der wesentliche Unterschied besteht in den Belichtungszeiten, in der Humanmedizin liegen sie (aus Strahlenschutzgründen) im ms Bereich, während Anlagen für „tote“ Materie durchaus mehrere Stunden belichten können. Das hierdurch erhebliche Qualitätsunterschiede zustande kommen, versteht sich von selbst. Meine „Erfahrungen“ beziehen sich auch nur auf Anlagen, die für die Humanmedizin konzipiert sind.

Auch „Stein“ führt zu einer Absorption von Röntgenstrahlen, er muß nur dick genug sein.

Bis 2 cm Stärke der Matrix sollte die Absorption nicht vollständig sein, sodass dann eventuell darin erhaltene Fossilien abgebildet sein können. Für Röntgenaufnahmen ideale Materie sind flache, ebene Platten ohne größere Kaliberschwankungen, also solche wie man sie z.B. in Bundenbach, Messel, usw. antrifft; eine unebene, mehrere cm dicke Matrix ist für Röntgenzwecke dagegen ungeeignet.

Analog zu den obigen Bemerkungen braucht man sich einfach nur folgendes zu  merken: Es gibt  Unterschiede  im Absorptionsverhalten zwischen Fossil und Umgebungsmaterial was bedeutet, dass man auf einer Röntgenaufnahme tatsächlich zwischen Fossil und „Stein“ differenzieren  kann. Ein Malmammonit wird sich daher im Röntgenbild  nicht vom Umgebungsgestein abgrenzen lassen, auch sind die chinesischen Dinosauriereier für Röntgenzwecke (um eventuell Embryonen zu sehen) ungeeignete Objekte.

Der Klassiker der Fossilien-Röntgenbilder ist natürlich Bundenbach; der Kontrast, der ein positives Röntgenergebnis hier zulässt, liegt im Pyritgehalt der dortigen Fossilien verborgen; viel Pyrit= hohe Absorption= gutes detailreiches Röntgenergebnis. Nicht alle Bundenbach  Fossilien haben einen hohen Pyritanteil, z.B. sind Häutungsreste von Arthropoden, wie Trilobiten oder auch von Asselspinnen kaum auf den Aufnahmen auszumachen, auch sind längst nicht alle Seelilien oder Schlangen/Seesterne gleich „radiogen“. In der Praxis erlebt man sehr oft Enttäuschungen, wenn ein vermeintlich gutes Fossil auf einer Röntgenaufnahme nicht erkennbar ist, weil eben sein Gehalt an Pyrit nur gering ist.

Auf der anderen Seite werden manche Fossilien erst im Röntgen entdeckt, so z.B. die kleine Krebsart Nahecaris balssi BROILI ,der häufiger durch Röntgenstrahlen gefunden wird, als sozusagen vor Ort auf der Schichtfläche.

roentgen3.JPG

Abb 3 Röntgenbild des Schlangensterns Euzonosoma tischbeinianum ROEMER,Durchmesser 10 cm

roentgen4.JPG

Abb 4 : dasselbe Exemplar im Original

Durchweg sehr gute Röntgenergebnisse habe ich mit chinesischen Keichousaurien (mittlere Trias) gemacht. Wie auch bei lebender Materie ist dieser fossile Knochen ein hervorragender Röntgenstrahlabsorbator und führt daher zu sehr guten Aufnahmen, selbst bei tief in der Matrix verborgenen Reptilien. Selbst die Endglieder von „Hand und Fuß“ werden so dargestellt, andererseits würden auch Ergänzungen mit Plastikplomben unweigerlich entdeckt werden. Die gleichen Aussagen treffen auch für die (allerdings in Privatsammlungen oder Handel so gut wie gar nicht vertretenen)  Pachypleurosauriern aus der Schweiz  ,oder den größeren Amphibien aus dem saarpfälzischen Perm zu. Auch hier gilt der Grundsatz „mehr Knochen= höherere Absorption = besseres Röntgenergebnis“.

roentgen5.JPG

Abb 5 ein Keichousaurier aus der mittleren Trias,China; hervorragende knöcherne Details sind erkennbar,auch die Klebenaht ist  deutlich visualisiert

roentgen6.JPG

Abb 6 das identische Stück im Original, 20 cm

Da Knochen, ob tot oder lebendig, für Röntgenbilder ideale Voraussetzungen bietet, sind auch Fische häufig lohnende Objekte. Erwartungsgemäß sind, so wie in der Evolution, auch im Röntgen, echte Knochenfische den übrigen, Fischen überlegen.

Green River Fische, aus dem Eozän der USA, vor allem aus dem sogenannten "18 inch level" lassen sich sehr gut im Röntgen identifizieren.

Dagegen sind die Solnhofener Stücke keine idealen Objekte für Röntgenbetrachtungen, da die Knochenstrukturen hier erhaltungsbedingt calcifiziert sind und daher nicht so gut absorbieren, wie die Knochen anderer Lokalitäten.

roentgen7.JPG

Abb 7 : ein Solnhofener Knochenfisch,nur schlecht im Röntgen erkennbar; der Grund liegt in der calcitischen Erhaltung der Knochenstrukturen, die kaum Kontrast zur Matrix herstellen.

 

roentgen8.JPG

Abb 8 das Original, ein Tharsis, noch im „Rohzustand“, 20 cm

 

Bekanntlich haben nur die wenigsten von uns Sammlern Zugriff auf ein Röntgengerät. Auch ein Betreiber (Arztpraxis, Klinik) einer derartigen Anlage ist im Verordnungs und Bürokratie verseuchten Deutschland Überprüfungen wie bei einem Castor Behälter unterworfen. Trotzdem sind viele Ärzte tolerant und auch neugierig, was die Bitte um ein Röntgenbild unserer zu Stein gewordenen Fundstücke angeht. Wie teuer so etwas ist, das steht nicht in der Gebührenordung für Ärzte, ist also Verhandlungssache. Aber es gilt, Fragen kostet nichts! Eine Sammlerin berichtete mir, 30 Euronen für ein Bild bei ihrem Tierarzt (wohlgemerkt, es ging garantiert um ein fossiles Tier) berappt zu haben. Besser geht es denen, die vielleicht eine MTA kennen oder selber Zugriff auf ein derartiges Gerät haben.

Noch ein Tip zu den „Einstellungen“ für eine Röntgenaufnahme:Die Geräteeinstellungen die von  STÜRMER angegeben werden, sind mit den üblichen Anlagen im Gesundheitswesen nicht vergleichbar.

Nach meiner Erfahrung gilt für die meisten Bilder die Einstellung, wie für ein menschliches Knie, bei sehr dünnen Platten, die unter 1 cm mächtig sind, wie für einen Finger.

Wer die präzisen Einstellwerte genannt haben möchte, kann sich gerne bei mir melden.