Sonstige Berichte

Rezension: Steine an Fluss, Strand und Küste sammeln und bestimmen

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Rudolph, F., Bayer, B., Bartholomäus, W. & Loga, S. von (2015): Steine an Fluss, Strand und Küste sammeln und bestimmen - KosmosNaturführer: 221 S., 247 Farb-Fotos, 8 Übersichts-Karten., 1 geol. Zeittafel, Stuttgart (Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG.), 11 x 18 cm, brosch., ISBN: 978-3-440-13531-0, € 12,99.

 

Da haben sich Vier zusammengefunden, um gemeinsam an einem längst überfälligen Bestimmungsbuch für Flussgerölle und Glazialgeschiebe zu arbeiten. Sie haben über den eigenen Tellerrand geblickt und damit ihr petrographisches Wissen des Nordens, Südens und Westens zusammengestellt. Diese interessante Neuerscheinung lädt den Leser implizit dazu ein, es den Autoren mit dem Blick über den Tellerrand gleichzutun.
Das Buch beginnt mit den eiszeitlichen Geschieben von den Stränden der Nord- und Ostsee. Wegen der bekannten Vielfalt und Schönheit der Geschiebe und ihrer ausgeprägten petrographischen Charakteristiken, kann man beim Lesen eine Menge für die Bestimmung und Unterscheidung der „südlichen Gerölle“ lernen.
Die Autoren beschränken sich auf einige der aussagekräftigsten Gesteinsarten. Mineralogische Vorkenntnisse sind beim Lesen zwar hilfreich aber keine Vorbedingung, weil Fachbegriffe der Geologie und Petrographie fachmännisch erklärt und auch regional begrenzte Gesteinsbezeichnungen und Synonyme hinzugefügt werden. Es wird aber schon im Inhaltsverzeichnis auf Seite 3 darauf hingewiesen, dass sich nur in Ausnahmefällen Beschreibungen und Bezeichnungen auf Gesteine außerhalb der jeweiligen Region übertragen lassen. Geographisch sind die insgesamt 210 Funde in folgender Reihenfolge geordnet: Nordseeküste (33, davon 17 Leitgeschiebe), Ostseeküste (48, davon 34 Leitgeschiebe), Geröll- und Leitgerölltypen von Weser und Elbe (43), Rhein und Mosel (47), deutsche Alpenvorlandsflüsse (39). Aus den zugehörigen professionellen Beschreibungen zum Alter, zur Herkunft, Verbreitung, (Dia-)Genese und Verwendung der Gesteine wird ein Anfänger viel Grundlegendes über die Geologie von den Alpen bis hinauf nach Fennoskandia lernen können. Anscheinend uneins waren sich die Autoren wohl bei der Benennung des Unteren Perm als Rotliegendes, statt nach gültiger Stratigraphischer Tabelle von Deutschland (Stand 2012) Rotliegend.
Bei der Größe des Sammelgebietes kann niemand erwarten, dass er beim Lesen zum Experten für nordische Leitgeschiebe und Gerölle wird. Der Buchklassiker Hucke & Voigt listet 287 Begriffe nur für Sedimentärgeschiebe auf und Werner Schulz benennt in seinem Standardwerk für Geschiebesammler darüber hinaus zahlreiche kristalline Geschiebe. Wie sich petrographische Klassiker der südlichen von denen der nördlichen Verbreitungsgebiete unterscheiden, wie schnell sich - je nach ihrer Chemie und Härte - die Gerölle beim Flusstransport in Sand „auflösen“, aber wie vergleichsweise pfleglich Gletscher manchmal mit ihrer Fracht über viele hundert Kilometer Strecke umgehen, solche Denkanstöße kann der interessierte Leser beim genauen Studium dieses kompakten kleinen Lehrbuchs finden. Dem einen oder anderen Geröll kann es besonders „erratisch“ ergangen sein, wenn es z. B. über den Rhein in das Gebiet des ehemaligen nordischen Inlandeises gelangt war und von einem Eisvorstoß der Saale-Eiszeit ein Stück wieder zurück transportiert wurde. Je nach Höhenlage des Fundortes muss man es dann ebenfalls als Glazialgeschiebe bezeichnen. Gerade die genaue Kenntnis der Flussgerölle, und der Vergleich mit den Geschieben könnten auch dabei helfen, letzte Detailfragen zur exakten südlichen Grenze der sog. Feuersteinlinie zu beantworten.
Für den an allen Facetten der Natur interessierten Leser, für den Anfänger zum Einstieg in die Grundlagen der Petrographie und Geologie und selbst für den Experten der Mineralogie ist dieses Buch noch eine Bereicherung seines Wissens. Gerade auch in den Niederlanden wird dieses Buch eine Lücke schließen, da dort das Interesse an den Gesteinen unter unseren Füßen immer schon sehr groß war. Das Büchlein ist kaum zu verbessern, ruft aber nach einem noch umfangreicheren und großformatigen Nachfolger.
 

Gerhard Schöne, Wedel

 

 

Inhalt 1

 

Inhalt 2

 

Inhalt 4

 

Inhalt 6

 

Inhalt 7

 

Die Wiedergabe der Auszüge aus dem Buch erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Franck-Kosmos Verlags.